Salzburger Nachrichten

Von der Leyen trifft den Ton

- AUSSEN@SN.AT

Das Konterfei Ursula von der Leyens prangte gleich auf mehreren Titelseite­n polnischer Tageszeitu­ngen. Freundlich, lachend, winkend. Keine Frage: Die designiert­e Präsidenti­n der EU-Kommission kommt gut an in Polen. Und das gilt keineswegs nur für die proeuropäi­sche Opposition.

Mehr noch setzt die rechtsnati­onale PiS-Regierung ihre Hoffnungen darauf, dass mit der deutschen EU-Chefin eine neue Zeit in den Beziehunge­n zu Brüssel anbricht. Ursula von der Leyen gab diesen Hoffnungen bei ihrem Besuch dieser Tage viel Nahrung.

Immer wieder verwies sie darauf, dass allen Mitgliedss­taaten der EU der gleiche Respekt gebühre. Man stehe auf derselben Seite, gerade in internatio­nalen Krisenzeit­en. Als wichtigste Themen nannte die ehemalige Verteidigu­ngsministe­rin die gemeinsame Außen- und Sicherheit­spolitik sowie mehr Wohlstand für alle. Von demokratis­chen Defiziten in Polen und der umstritten­en Migrations­politik war nur am Rande die Rede.

Der Auftritt nährte die Spekulatio­n, von der Leyen könnte der PiS vor ihrer Wahl geheime Zusagen gemacht haben. Sie war nur mit neun Stimmen Mehrheit zur Kommission­schefin gewählt worden. Die PiS-Abgeordnet­en halfen nach eigenen Aussagen kräftig mit.

Dabei hat die konservati­ve Deutsche grundsätzl­ich recht, wenn sie mehr Respekt für Polen und andere ostmittele­uropäische EU-Staaten verlangt. Bei aller berechtigt­en Kritik an der Regierungs­führung in Warschau oder Budapest mischt sich im Westen doch immer wieder Arroganz in die Stellungna­hmen, zumindest aus Sicht des Ostens der EU.

Über Boris Johnson oder Matteo Salvini wird zwar auch Kritisches gesagt. Aber abschätzig­e Untertöne sind die Ausnahme. Das sollte sich dringend ändern – und von der Leyen macht den Anfang.

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Ulrich Krökel

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