Wenn man muss, muss man halt
Bei den Salzburger Festspielen feierte eine Kinderoper Uraufführung.
„Ich muss mal!“– „Du warst doch gerade erst!“: Kommt Ihnen dieses Zwiegespräch bekannt vor? In der Großen Universitätsaula leiden weniger die jungen Besucher unter fortwährendem Druck, sondern ein seltsames Vogelwesen auf der Bühne. Hippogryph ist halb Adler, halb Pferd – seine Darmaktivität wird unglücklicherweise vom gewichtigeren Teil bestimmt.
Die Notdurft ist ein – aufgepasst! – Running Gag der Kinderoper „Der Gesang der Zauberinsel“. In den vergangenen Jahren boten die Salzburger Festspiele kindgerechte Versionen großer Opern – „Die Zauberflöte“oder „Der Barbier von Sevilla“–, heuer wurde ein originäres Werk in Auftrag gegeben. Marius Felix Lange, erfolgreicher Komponist und Librettist von Kinderopern, bedient sich am „Rasenden Roland“, der auch Händels „Alcina“zugrunde liegt. Doch der Berliner macht etwas Eigenes daraus.
Als Rahmenhandlung baut Lange einen Komponisten namens Roland ein, der an einer Oper über den „Rasenden Roland“brütet. Dessen Tochter Angelika bügelt und wäscht, weil die Mama vor dem gestressten Papa in die Wellnessoase geflüchtet ist. Bei den Proben wird sie in den Schlaf gesungen und erlebt im Traum wilde Abenteuer. Auf dem Adlerpferd schwebt sie mit Ritter Bradamante bis zum Mond, wo sie Elementares entdeckt: „Verloren gegangener Menschenverstand, eine Flasche pro Person“. Den setzt sie ein, um sich gegen die böse Zauberin Alcina zur Wehr zu setzen.
Lange überführt die Geschichte in eine spätromantische Klangsprache, die mit reichlich Dissonanzen gewürzt ist. Das ist anspruchsvoll, aber mit viel Gespür für fein abgestimmte Klangfarben umgesetzt. Zudem baut Lange – szenisch unterstützt von Regisseur Andreas Weirich – allerlei musikalische Pointen ein, die das junge Publikum bei der Uraufführung am Freitag über rund 75 Minuten bei Laune hielten. Niest Bradamante, tröten Kontrafagott, Bassklarinette und Horn. Erleichtert sich Hippogryph am nächsten Strauch, erklingt ein vielsagendes Glockenspiel.
Dirigent Ben Glassberg entfachte am Pult der 14-köpfigen Salzburg Orchester Solisten einen klangstarken Sog. Die Young Singers der Salzburger Festspiele nutzten die Möglichkeit, ihr Potenzial erstmals szenisch zu präsentieren. Neben dem hinreißend agierenden Countertenor Iurii Iushkevich als Hippogryph blieben die strahlenden Höhen von Joanna Kędzior als Alcina, der lyrische Bariton des Samoaners Benson Wilson als Mirza und die sing-darstellerische Leistung von Sarah Shine als Angelika im Gedächtnis. Oper für Kinder: