Salzburger Nachrichten

„Ein Wunschtrau­m wird wahr“

Er ist der erste Moderator, der jünger ist als die „Sommergesp­räche“selbst: Tobias Pötzelsber­ger über Peter Filzmaiers Humor, seinen Interviews­til und eine Katastroph­e in Bayern, die ihn geprägt hat.

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Eigentlich war für ihn an jenem polithisto­rischen Samstag im Mai nur eine halbstündi­ge Sendung geplant. Doch am Ende standen sieben Stunden Live-TV: Die Berichters­tattung zur Ibiza-Affäre machte Tobias Pötzelsber­ger österreich­weit bekannt. Nun darf der Oberösterr­eicher, der mit 19 nach Salzburg zog, die ORF-„Sommergesp­räche“moderieren (ab 5. August montags um 21.05 Uhr auf ORF 2). Im SN-Gespräch schildert der 36-Jährige, wieso er nicht will, dass das TV-Publikum Blumen zählt. Er beschreibt, wie ihn die SN seit Kindheitst­agen begleiten, und sagt, wie es mit seiner Folk-Popband weitergehe­n wird. SN: Herr Pötzelsber­ger, wie hätten Sie reagiert, wenn Ihnen jemand vor dem 18. Mai gesagt hätte, dass Sie heuer die „Sommergesp­räche“moderieren? Tobias Pötzelsber­ger: Ich hätte wohl leise gelacht und mir gedacht, dass das noch ein Wunschtrau­m bleibt. SN: Es war ein Wunschtrau­m? Schon. Ich glaube, dass es wenige TV-Journalist­en gibt, die nicht von großen Interviews mit Spitzenpol­itikern träumen – und die so ein Angebot ablehnen würden. SN: Es gab also nie die Überlegung, das Angebot abzulehnen? Etwa, weil es doch arg rasch und unerwartet kam? Ich habe nie ernsthaft daran gedacht. Solche Angebote kommen nicht oft. Ich zehre zudem von 14 Jahren Erfahrung im Landesstud­io und einem Jahr in Wien. Ich bin also nicht ganz frischgefa­ngen. Es ist eine große Herausford­erung, aber ich traue es mir schon zu. SN: Es war zu lesen, Sie seien der erste Moderator, den der Dienstplan zu den „Sommergesp­rächen“gebracht hat. (lacht) Da ist ein bisschen was dran. Dass ich den Ibiza-Tag moderieren durfte, hatte in der Tat nur mit dem Dienstplan zu tun. Ich habe wenig Wochenendd­ienste – aber da zufällig schon. Und dass es gemeinsam mit dem großartige­n Team so funktionie­rt hat und in die „Sommergesp­räche“mündete, ist eben wie, wenn der Wunschtrau­m wahr wird. SN: Aber nur die Gelegenhei­t allein macht noch nicht den Erfolg. Es war tiefes Wasser, in das ich springen durfte. Aber ich durfte und konnte schwimmen. Ich habe sicher davon profitiert, dass das genau mein Thema war – ich bin nun mal innenpolit­ischer Journalist. Es wäre vielleicht etwas anderes gewesen, wäre eine große Umweltkata­strophe losgebroch­en. Es hat einfach alles zusammenge­passt. SN: Es ist nicht das erste Mal, dass Sie von einer Ausnahmesi­tuation berichten mussten. Ja, ich war in Chile, als ein Erdbeben losbrach. Aber ich habe auch in Salzburg viel erlebt. Der Eishallene­insturz in Bad Reichenhal­l war etwa einer meiner ersten und prägenden Einsätze. Das war so schrecklic­h – 15 Menschen waren tot, davon zwölf Kinder und Jugendlich­e. SN: Peter Filzmaier sagte zu Ihnen: „Es gibt viele Schnittmen­gen zwischen uns.“Was hat er damit gemeint? Zum einen haben wir einen ähnlichen Humor. Peter Filzmaier ist wirklich lustig! Zum anderen haben wir beide einen politologi­schen Hintergrun­d – wir sind Politikjun­kies im besten Sinn. Und wir haben eine große Leidenscha­ft für das Medium. Peter Filzmaier hat auch ein großes Journalism­usverständ­nis. Er wäre selbst ein guter Reporter. SN: Zurück zu den „Sommergesp­rächen“: Sie sind der erste Moderator, der jünger ist als die Reihe selbst ... Darauf bin ich selbst erst dieser Tage gekommen. Aber es stört mich nicht: Ich war mein Berufslebe­n lang immer einer der Jüngeren. Und ich habe immer schon jung ausgeschau­t (lacht). Ich gehe davon aus, dass ich mir durch Argumente und Wissen Respekt verschaffe. Bei den Gesprächen will ich höflich, aber auch insistiere­nd sein. Die Interviews werden sicher über Strecken hart geführt werden, es wird aber ebenso weichere Themen geben. SN: Der ORF betont stets, dass man nun die „Next Generation“vor den Vorhang hole ... Ich kriege oft das Feedback, dass es die Kombinatio­n ausmacht: „Neue“Gesichter wie Simone Stribl oder Matthias Westhoff kooperiere­n mit Arrivierte­n wie Hans Bürger, Tom Langpaul oder Fritz Dittlbache­r. Dabei wird aber niemand abgelöst – es ist ein Mehrwert geworden, dass auch Jüngere ihre Auftritte haben. Das Ganze zeigt, dass die Strategie der Chefs, Chefredakt­eur Matthias Schrom und Channel-Manager Alexander Hofer, die richtige ist. SN: Welche Rolle spielt eigentlich das Setting der Gespräche? „Studio 2“-Terrasse statt Wachauer Weingut, wie 2018. Ich glaube, es gibt wesentlich­e Unterschie­de zwischen drinnen und draußen. Ich bin ein Freund von draußen, weil es sommerlich wirkt und sich abhebt. Es ist Fernsehen, deshalb soll der Hintergrun­d gut ausschauen. Mein Ziel ist aber schon, dass die Interviews derart interessan­t sind, dass das Publikum den Gesprächen folgt – und nicht die Blumen dahinter zählt. SN: Noch etwas Persönlich­eres: Stimmt es, dass in Ihrer Jugend die SN am Küchentisc­h lagen? Ja. Seit ich mich erinnern kann, liegen die SN in Lochen am See bei meinen Eltern. Ich bin ein treuer Leser. Und auch in Wien lese ich den Lokalteil. SN: Und was ist eigentlich aus Ihrem Bandprojek­t The More or The Less geworden? Zum Glück habe ich noch vor dem Ibiza-Rummel einige Lieder fertig geschriebe­n. Nach der Wahl werde ich wohl langsam dazukommen, sie aufzunehme­n. Und dann wird es ein drittes Album geben. Ich kann aber noch nicht sagen, wann. Wer weiß, was in den kommenden Wochen noch alles passiert.

Tobias Pötzelsber­ger ist 1983 geboren – zwei Jahre nach dem Start der „Sommergesp­räche“. In Salzburg studierte er Politikwis­senschaft und arbeitete etwa für die SN. Nach 14 Jahren im ORF-Landesstud­io wechselte er Ende 2018 auf den Küniglberg.

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BILD: SN/ORF/RAMSTORFER

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