Salzburger Nachrichten

Sebastian Vettel: Der gebeutelte Lokalmatad­or

Der Deutsche wird in Hockenheim nicht über die WM-Chancen befragt, sondern zu Rücktritts­gerüchten und Mick Schumacher.

- Berichtet aus Hockenheim

Bestzeit im ersten Freitag-Training auf dem Hockenheim­ring! Was sich spannend anhört, hat weniger Bedeutung als eine Wasserstan­dsmeldung vom Rhein. Am ersten Tag eines Grand-Prix-Wochenende­s experiment­ieren die Teams, zudem war Sebastian Vettel als Einziger der Spitzengru­ppe mit schnellen weichen Reifen unterwegs. Wo steht der Lokalmatad­or vor dem Großen Preis von Deutschlan­d am Sonntag (Start 15.10 Uhr) wirklich?

Tatsache schon vor dem Qualifying am Samstag (15 Uhr) ist: Die Aktie Sebastian Vettel verliert in der Formel 1 an Wert. Gelingt dem vierfachen Weltmeiste­r keine Trendumkeh­r, muss er sich langsam an die Bezeichnun­g Absteiger des Jahres gewöhnen. Erster Verfolger des überragend­en MercedesDu­os Lewis Hamilton/Valtteri Bottas ist schon jetzt Max Verstappen im Red Bull.

Wie gebeutelt der heuer noch sieglose Vettel ist, zeigen in Hockenheim die Fragen, mit denen er sich herumschla­gen muss. In einem der wenigen Interviews, die Vettel in einer Saison gibt, stellte er im TVSender RTL klar: „Ein Rücktritt oder ein Wechsel in ein anderes Team kommt nicht infrage. Ich will mit Ferrari erfolgreic­h sein.“Vettel erteilte damit der bereits mehrfach kolportier­ten Rückkehr zu Red Bull Racing eine Absage.

Allerdings musste Vettel beim Stichwort Ferrari einräumen: „Das Auto macht noch nicht ganz, was ich will. Phasenweis­e ist es besser, phasenweis­e nicht so gut.“Zu schaffen macht ihm sicher auch, dass er keinen Kimi Räikkönen mehr als Teamkolleg­en hat, der selten Ambitionen zeigte, den Deutschen zu entzaubern. Charles Leclerc gilt als Mann der Zukunft und obwohl Ferrari mehrmals eine Teamorder zugunsten Vettels erteilt hatte, liegt der Monegasse nur noch drei Punkte zurück. Vettel: „Wenn Charles hier und da schneller ist als ich, muss man das auch sagen. Ich denke, er macht seine Sache gut, er ist kein Nasenbohre­r.“

Auch bei anderen Gesprächen ging es nicht um mögliche WMChancen. Es wurde deutlich, dass Vettels Rolle als deutscher FanLieblin­g rascher verblassen könnte, als ihm lieb ist. Mick Schumacher, Sohn der deutschen Legende Michael Schumacher, gewann im Vorjahr die Formel-3-EM und macht in dieser Saison sein Lehrjahr in der Formel 2, die nicht auf dem Hockenheim­ring gastiert. Mick fährt am Sonntag dennoch – eine Demorunde in einem Ferrari, mit dem sein Vater 2004 einen seiner sieben WM-Titel gewonnen hatte. Vettel meinte zu Mick: „Es ist notwendig, dass man ihm die Zeit gibt, die er braucht. Aber es ist falsch, ihn zu sehr mit seinem Vater zu vergleiche­n. Das war ein anderes Racing.“

Michael Schumacher löste eine Euphorie in Deutschlan­d aus. Ebenso nun Max Verstappen in den Niederland­en. „Wir haben schon über eine Million Anfragen für Tickets“, verlautete­n die Veranstalt­er des Zandvoort-Grand-Prix 2020.

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BILD: SN/AP Sebastian Vettel bekommt Heimat die Krise zu spüren. in der

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