Erst Umbruch, dann Abbruch im Hagelsturm
Chaostag bei der Tour: Alaphilippe verliert das Gelbe Trikot, Pinot muss aufgeben, Bernals beherzter Angriff wird von der Jury gestoppt.
Wetterchaos statt AlpenSpektakel bei der Tour de France: An einem Tag für die Geschichtsbücher musste Freitag die 19. Etappe nach sintflutartigen Regen- und Hagelschauern abgebrochen werden. Die Schlussauffahrt nach Tignes war nach einer Schlammlawine nicht mehr passierbar. Ein großes Räumfahrzeug versuchte die Schlamm- und Wassermassen von der Straße zu schaffen, die Fahrer wurden gerade noch rechtzeitig von der Tour-Organisation gestoppt.
Damit endete eine denkwürdige Etappe im Chaos. Denn schon vor dem Wolkenbruch war es drunter und drüber gegangen. Erst musste Frankreichs Mitfavorit Thibaut Pinot unter Tränen das Rennen aufgeben, ehe am vorletzten Anstieg dessen Landsmann und Gelbträger Julian Alaphilippe einen kleinen Einbruch erlitt. An der Spitze fuhr Egan Bernal seinem ersten Etappensieg, dem Gelben Trikot und der Vorentscheidung entgegen – bis der Abbruch kam. Die Rennjury entschied, dass die Zeitabstände auf dem Iseran genommen werden. Zwei Tage vor dem großen Finale auf den Champs-Élysées heißt der große Favorit aber plötzlich Egan Bernal. „Es ist die absolut richtige Entscheidung. Die Jury hat eine ganz gute Lösung gefunden, indem sie die Zeit auf dem Iseran genommen hat“, sagte Bora-Teamchef Ralph Denk.
Jetzt schaut alles auf den Schlussakt am heutigen Samstag, wenn die letzte Bergankunft in Val Thorens ansteht. Der Berg ist extrem schwer. Da wird jeder fahren, was geht. Das Unwetter in den Alpen hat auch Auswirkungen auf die SamstagEtappe. Der ursprüngliche 130-kmAbschnitt von Albertville zur Bergankunft in Val Thorens wurde wegen eines Erdrutsches von den Veranstaltern auf 59 km verkürzt. Die neue Strecke lässt den Anstieg zum Cormet de Roselend (1. Kategorie) aus und führt direkt zum langen Schlussanstieg.
Einen Vorgeschmack gab es bereits am Freitag, als es zunächst über die höchste in Europa zu befahrene Passstraße, den Iseran, ging. Und da ging es schon zur Sache. Erst attackierte Thomas, dann Bernal. Das war zu viel für Alaphilippe, der abreißen lassen musste.
Das französische Drama nahm bereits früh seinen Lauf. Gut 85 Kilometer vor dem Ziel stieg Pinot unter Tränen vom Rad. Ein Muskelfaserriss im linken Oberschenkel beendete alle Träume des 29-Jährigen, der seit Jahren der große Pechvogel ist. Der Tour-Dritte von 2014 musste bei seiner siebten Teilnahme bereits zum vierten Mal die Rundfahrt vorzeitig aufgeben.
Damit platzten innerhalb weniger Stunden die Hoffnungen der Franzosen auf den ersten Heimsieg seit 1985. Frustriert nahm Alaphilippe im Begleitfahrzeug Platz, seine Chancen auf den Tour-Sieg sind nur noch minimal, weil er in den Alpen doch zu oft an seine Grenzen gehen musste.