Junge Helfer dringend gesucht
Das Freiwillige Soziale Jahr ist eine Möglichkeit, die Zeit nach der Schule sinnvoll zu nutzen. Derzeit ist der Bedarf bei den Sozialeinrichtungen besonders groß. Die vorhandenen Stellen können aber nicht besetzt werden.
SALZBURG. Julia (20) wollte nach der Matura eigentlich Medizin studieren, hat aber die Aufnahmeprüfung im ersten Anlauf nicht geschafft. Im Herbst wusste sie schließlich nicht, was sie machen sollte. Teresa (21) wollte nach dem Schulabschluss erst einmal Zeit zur Orientierung und nicht sofort weiterlernen. Der 19-jährige Levi ist untauglich und daher weder wehr- noch zivildienstpflichtig. Trotzdem suchte er eine sinnvolle Überbrückung, bevor er sein Studium in Wien beginnen kann. Drei junge Menschen mit unterschiedlichen Plänen und Vorstellungen, die jedoch eines gemeinsam haben: Sie haben nach der Schule ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolviert. Damit zählen sie zu den 1044 jungen Erwachsenen, die sich im Jahr 2018 dafür entschieden haben.
Der Bedarf an Freiwilligen kann damit jedoch nicht gedeckt werden. Beispielsweise können von den 650 freien Stellen in sozialen Einrichtungen nur etwa 530 von der Organisation FSJ (vom Verein zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste) gedeckt werden. Auch der Samariterbund hat Probleme: 22 Prozent der Stellen, die für Zivildiener und Jugendliche, die ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, vorgesehen sind, sind unbesetzt. Durch den Umstand, dass immer mehr junge Männer in Österreich untauglich sind, fehlen sie nicht nur beim Bundesheer, sondern auch beim Zivildienst. Somit ist man im Pflege- und Rettungsdienst vermehrt auf Freiwillige angewiesen.
Das Konzept von FSJ gibt es bereits seit dem Jahr 1968 und richtet sich an junge Frauen und Männer zwischen 18 und 24 Jahren, die nach der Schulausbildung zwischen sechs und zwölf Monate sozial tätig sein wollen. Die Tätigkeiten erstrecken sich dabei von Kinder- und Jugendbetreuung über Altenpflege bis zur Arbeit mit Obdachlosen oder mit Menschen mit Beeinträchtigungen.
Im Jahr 2012 wurden die Bedingungen für freiwilliges Engagement im Freiwilligengesetz geregelt. Die Teilnehmer erhalten 250 Euro Taschengeld im Monat, die Familienbeihilfe wird bis zum 24. Lebensjahr weiter ausbezahlt und sie sind kranken-, unfall- und pensionsversichert. Seither hat sich die Zahl der Freiwilligen mehr als verdoppelt.
Nur knapp 20 Prozent der Freiwilligen im sozialen Dienst sind Männer, dabei kann man das FSJ mit einer Dauer von zehn Monaten als Zivildienst anrechnen lassen. „Diese Möglichkeit ist vielen nicht bewusst“, erklärt Raphaela Seemann von der FSJ-Regionalstelle in Salzburg. Anne Greinz, Personalleiterin in der Kinderbetreuungseinrichtung KOKO in Salzburg, betont, dass sie den Einsatz der freiwilligen Helfer im Kinderdienst als sehr bereichernd empfindet. „Sowohl die Kinder als auch das Team profitieren vom frischen, unvoreingenommenen Blick der jungen Erwachsenen.“Jedes Jahr arbeiten ein bis zwei männliche Freiwillige bei KOKO. Laut Greinz eine wichtige Entwicklung, weil die Kinder dadurch sowohl männliche als auch weibliche Bezugspersonen haben. Neben dem Verein zur Förderung sozialer Dienste sind unter anderem auch das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK), der Samariterbund und die Diakonie Österreich anerkannte Trägerorganisationen des FSJ. Beim ÖRK arbeiten jährlich 4500 Zivildiener und etwa 330 Personen, die das FSJ absolvieren. Seit 2015 hat sich die Zahl der Personen im FSJ verzehnfacht. Der Bedarf steigt jedoch von Jahr zu Jahr und hängt mit dem Mangel an Zivildienern zusammen. Michael Opriesnig vom ÖRK: „Vor allem im Frühjahr ist der Mangel spürbar, in manchen Regionen ist es dann schwierig, genügend Zivildiener zu finden.“
Beim Samariterbund lässt das Budget laut Martina Vitek österreichweit lediglich 25 bis 28 Stellen für FSJ pro Jahr zu, bewerben würden sich jedoch mehr. Während diese abgelehnt werden müssen, verzeichnet der Samariterbund einen wachsenden Mangel an Zivildienern. Diese werden vom Staat bezahlt, Freiwillige des Sozialen Jahres von den Organisationen selbst. „Wir fordern seit Jahren von der Politik, dass das Rettungswesen professionalisiert werden sollte und nicht ausschließlich auf Freiwillige und Zivildiener angewiesen ist“, erklärt Vitek.
Die Diakonie Österreich hat bundesweit 60 Personen im FSJ in der Behinderten- und Altenpflege sowie Kinder- und Jugendarbeit im Einsatz. Sowohl der Anteil an Zivildienern als auch an Freiwilligen im Sozialen Jahr nahm in den vergangenen zwei Jahren ab. „Wir beobachten, dass es die jungen Männer wieder vermehrt zum Bundesheer zieht und der Zivil- und Freiwilligendienst bei vielen als unattraktiv gilt“, erklärt Paul Spinka, Koordinator für Zivildienst und Freiwilligenarbeit bei der Diakonie Österreich.
Im Gegensatz dazu stieg die Zahl österreichischer Freiwilliger im Ausland heuer um 16 Prozent. Mehr als die Hälfte davon waren in Asien, Amerika, Afrika und Ozeanien tätig. Im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps beteiligen sich jährlich 500 junge Freiwillige in europaweiten Sozialprojekten.
„Zivil- und Freiwilligendienst werden immer unattraktiver.“Paul Spinka, Diakonie