Justizskandal erschüttert Australien
Mann kam nach zwölf Jahren frei. Seine Anwältin war Polizei-Informantin.
Zwölf Jahre nach seiner Verurteilung wegen Mordes kam am Freitag ein Australier aus dem Gefängnis frei. Das oberste Berufungsgericht hob das Mordurteil gegen den Mann auf. Denn: Seine Anwältin war jahrelang Polizei-Informantin.
In Melbourne hatte ab Ende der 1990er-Jahre ein blutiger Bandenkrieg rund vier Dutzend Menschen das Leben gekostet. Der Australier wurde 2007 zu 20 Jahren Haft verurteilt, weil er nach der Ermordung des Gangsters Victor Peirce im Jahr 2002 das Fluchtauto gefahren haben soll. Im Vorjahr wurde aber bekannt, dass seine Anwältin, die damals mehrere Bandenmitglieder vor Gericht vertreten hatte, die Polizei jahrelang über die Machenschaften ihrer Mandanten auf dem Laufenden gehalten hatte. Die Enthüllungen führten zu einem der größten Justizskandale Australiens. Die Anwältin war aber nicht nur Polizei-Informantin, sondern hatte auch den wichtigsten Zeugen vertreten, der im Prozess gegen den Mordverdächtigen ausgesagt hatte.
Das Berufungsgericht sprach von einem klaren Fehlurteil. Das Verhalten der Anwältin habe das Recht auf einen fairen Prozess untergraben und die „Grundlagen“der Strafjustiz erschüttert, erklärte das Gericht. Der Australier sagte nach seinem Freispruch, er verlasse das Gefängnis nicht „bitter oder wütend“.
Die australischen Strafverfolgungsbehörden hatten im Vorjahr 22 Betroffene darüber informiert, dass sie wegen des Skandals Rechtsmittel gegen ihre Verurteilungen einlegen können. Vermutlich können etliche weitere Verurteilte auf eine Freilassung hoffen, darunter auch Schwerverbrecher.