Hinter der Kamera, oder wie?
ICHschreibe gern. Immer schon. Deswegen bin ich ja auch Journalist geworden. Und deswegen, weil man als Journalist nicht früh aufstehen muss. Länger arbeiten war nie ein Problem. Früh aufstehen schon. Das habe ich bereits in der Schule erkannt, wo man bekanntlich fürs Leben lernt.
Also Journalist, weil nie mehr früh aufstehen. Habe ich gedacht. Und so war es auch lange Zeit hindurch. Jetzt nicht mehr. Jetzt ist alles anders. Nur der frühe Vogel fängt den Wurm. Wir starten heutzutage zu Zeiten, die gestern die Journalistengewerkschaft auf die Barrikaden gebracht hätten. Dafür hören wir nicht früher auf. Und zwischendurch schreiben wir längst schon nicht mehr nur. Schon gar nicht mehr nur auf Papier. Wir schreiben längst in den Digitalausgaben. Wir haben Teams, die Social Media betreuen,
Insta-Storys machen, Neuigkeiten pushen. Wir haben Kolleginnen und Kollegen, die Podcasts machen und Facebook betreuen. Und wir haben auch solche, die Videos machen. Oder versuchen. Mich zum Beispiel. Lachen sie jetzt nicht! Man lernt nie aus, sondern immer dazu. Lebenslanges Lernen. Also Videos. Zum Beispiel Ein-Satz-Erklärvideos zur Vorbereitung großer politischer Themen. Sollten Sie jetzt denken, pfffft, was mosert der herum? Ist doch nichts dabei bei so einem Clip. Mach ich dauernd zum Beispiel im Urlaub. Sollten Sie das jetzt also denken, so möchte ich dagegenhalten, dass wir nicht der Hetti-Tant irgendein Gschichterl drucken wollen. Sondern schon g’scheit.
Und da kommt es jetzt nicht wirklich gut, wenn man endlich einen supertollen Kommentar gesprochen hat und dann bemerkt, dass das Mikro nicht eingeschaltet war. Oder auf der Suche nach einem supertollen Drehort in der flirrenden Mittagshitze durch Brüssel irrt, die Sonne entweder direkt in die Augen sticht oder der Schatten so tief ist, dass gar nichts geht, und dann, als endlich ein Platz gefunden ist, eine Demo aufzieht und nach ihr Polizeimannschaftswagen, vergiss es bitte, sagt man zur Kollegin, und man erschöpft retiriert in ein kühles EU-Gebäude, da sind so schöne Flaggen, das passt sicher, aber nichts passt, müdes Stottern nur, fünf Anläufe, noch mehr Stottern. Dann Krise. Dann eben morgen, im sanften Morgenlicht, ohne Demo und Krise mit der Kollegin, mit der man sich abwechselt mit Mikro und Aufnahme. Professionell diesmal. Haut alles hin. Schon cool.
Meine Hochachtung vor den TV-Kollegen, immer schon groß, ist noch größer geworden.
Aber: Früh aufstehen. Das, wenn ich gewusst hätt.