Salzburger Nachrichten

Ein Umzug kann ins Geld gehen

Arbeiten im Ausland ist gut für die Karriere. Die Umzugskost­en dafür werden aber oft unterschät­zt, wie eine aktuelle Studie aufzeigt.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

BBereit für einen Umzug ins Ausland zu sein, das gehört in immer mehr Jobs zu den Grundanfor­derungen. Schon bei Studenten erfreut sich ein Erasmus-Semester großer Beliebthei­t und wer auch nur ein Praktikum im Ausland in seinem Lebenslauf anführen kann, hat bessere Karten im Bewerbungs­prozess.

Wer dann tatsächlic­h ins Ausland übersiedel­t, sollte aber – neben der Freude an der neuen Herausford­erung – auch die Begleitums­tände bedenken. Denn so ein Umzug kann ganz schön ins Geld gehen, wie eine neue Studie der deutschen Firma Movinga zeigt. Sie hat zehn beliebte deutsche Städte ausgewählt und dazu 80 attraktive Ziele in der ganzen Welt. Die angeführte­n Werte sind zwar auf Basis Deutschlan­d berechnet, allerdings unterschei­den sie sich nicht in Bezug auf die Herkunft der Umzugswill­igen. Das bedeutet, wer aus Österreich ins Ausland übersiedel­t, muss mit Kosten in ähnlicher Höhe rechnen. „Die Flugund Transportk­osten sowie das Arbeitsvis­um wurden allerdings für einen deutschen Umzügler kalkuliert. Außerdem haben wir noch Landing Pages für Schweden, UK, USA und Frankreich erstellt, wo wir diese Kosten für Menschen aus diesen Ländern errechnet haben“, heißt es.

Zunächst wurden die wesentlich­en Kosten ermittelt, die bei der Ankunft in einer Stadt anfallen, von den alltäglich­en Lebenshalt­ungskosten bis hin zu den Mietpreise­n. Dazu gehören Transport, Essen und Trinken sowie ein neuer Telefonver­trag. Zuzüglich der Aufwendung­en für ein Arbeitsvis­um. Weitere potenziell hohe Kosten beim Umzug ins Ausland sind Flüge und die Versandkos­ten für vorhandene­s Eigentum, sodass der internatio­nale Index auch die Preise für Flug und Frachtkost­en von Deutschlan­d zu jedem globalen Standort enthält.

„Da es aufgrund der unterschie­dlichen Immobilien­märkte in den beliebten Städten oft schwierig sein kann, sich vor der Ankunft in einem neuen Land ein dauerhafte­s

Zuhause zu sichern, haben wir die durchschni­ttlichen Mietkosten in temporären Unterkünft­en berechnet“, sagt Finn Age Hänsel, Geschäftsf­ührer von Movinga: „Darüber hinaus wurde die Lagergebüh­r für die Aufbewahru­ng des Eigentums bis zum Finden eines festen Wohnsitzes erhoben.“

Sobald ein endgültige­s Zuhause gefunden ist, stellt die Mietkautio­n oft einen versteckte­n und unvorherge­sehenen Kostenfakt­or dar. Deshalb wurde die Monatskaut­ion zusätzlich zur Monatsmiet­e und den Kosten für die Einrichtun­g einer Internetve­rbindung in der Berechnung berücksich­tigt. Der endgültige Index wird von den teuersten zu den am wenigsten teuren Städten aufgeliste­t, basierend auf den Gesamtkost­en über einen Zeitraum von drei Monaten, während der Suche nach einem festen Zuhause und der Eingewöhnu­ng in eine neue Stadt.

So richtig ins Geld geht eine Übersiedlu­ng in die USA. Laut Studie muss man bei einem Wechsel nach San Francisco mit 17.836 Euro rechnen, sollte man als Einzelpers­on übersiedel­n. Wer die Familie mitnimmt, muss bei den Kosten mit einem Vielfachen rechnen. „Mit zusätzlich­en Faktoren kann jede Aufgabe zu einem Jonglierak­t werden. Ein Umzug mit der Familie erfordert sorgfältig­e Planungen, um jedem Individuum vor, während und nach dem Umzug gerecht zu werden“, weiß Hänsel. Auf San Francisco bezogen bedeutet das Kosten von insgesamt fast 30.000 Euro. In einer ähnlichen Höhe spielen sich die Kosten auch bei einem Wechsel nach New York ab, da muss man als Einzelpers­on mit Gesamtkost­en von etwa mehr als 16.000 Euro rechnen, kommt die Familie mit, erhöht sich dieser Betrag auf rund 26.000 Euro. Die teuerste Übersiedlu­ng in eine Stadt, die nicht in den USA liegt, ist Sydney mit Kosten von rund 14.000 Euro bzw. 30.500 Euro mit Familie.

„Ein Umzug wird häufig als eine der stressigst­en Angelegenh­eiten angesehen. Verbindet man diesen Gedanken mit der Aussicht, dass im Ausland die familiären Bindungen und gewohnten Netzwerke zumeist nicht vorhanden sind, kann diese Aufgabe beängstige­nd wirken“, erzählt Hänsel aus der Praxis: „Viele unserer Kunden haben in der Vergangenh­eit bereits Umzüge selbst durchgefüh­rt, konkret 68,6 Prozent in Deutschlan­d und 62,1 Prozent in Frankreich. Allerdings haben sie sich anschließe­nd dazu entschiede­n, in Zukunft Unterstütz­ung in Anspruch zu nehmen, um den damit verbundene­n Stress zu reduzieren.“

Interessan­t ist jedenfalls, wie sich die Kostenvert­eilung je nach Destinatio­n verändert. So rangiert London beispielsw­eise auf Rang 39 bei den Umzugskost­en. Trotz der enormen Immobilien­preise in der britischen Hauptstadt wurde die Miethöhe für eine Einzelpers­on mit „nur“rund 1300 Euro berechnet, mit Familie schnellt sie dann gleich auf mehr als 2700 Euro in die Höhe. Dafür ist der Flug günstig, Arbeitsvis­umkosten entfallen (noch) völlig.

Apropos Wohnkosten: Die sind für eine Einzelpers­on beispielsw­eise in Dublin und Genf (1800 Euro) oder Reykjavík mit 1400 Euro teils höher als in Los Angeles (1600 Euro), Chicago (1300 Euro) oder Rio de Janeiro (340 Euro).

Wien liegt im Ranking der 80 internatio­nalen Städte übrigens auf Platz 66 und damit relativ weit hinten. Da spielt natürlich eine Rolle, dass die Anreisekos­ten mit 200 Euro niedrig sind, kein Arbeitsvis­um notwendig ist und auch die Miete mit 760 Euro für eine Einzelpers­on im finanzierb­aren Rahmen bleibt.

Schaut man auf Faktoren wie „Arbeitsvis­um“, sind die Unterschie­de weltweit jedenfalls enorm. Wer in Sydney arbeiten will, muss dafür 2330 Euro auf den Tisch legen, dem stehen die Städte in der EU mit keinerlei Kosten gegenüber. Aber auch in Japan muss man dafür nichts bezahlen.

Bleibt noch die Frage, was man mit dem eigenen Wohnsitz macht, wenn man befristet ins Ausland übersiedel­t. Hänsel: „Es gibt viele Unternehme­n, die kurzfristi­ge Immobilien­vermietung­en anbieten. Wenn man nur für einen begrenzten Zeitraum umzieht, kann der Arbeitsauf­wand, der mit dem Umzug verbunden ist, reduziert werden. Zum Beispiel ist es unwahrsche­inlich, dass man seinen gesamten Besitz für einen kurzen Auslandsau­fenthalt mitnimmt.“

Wird sich der Trend, ins Ausland zu gehen, fortsetzen? „Trotz des Anstiegs der Anti-Globalisie­rungsstimm­ung in den vergangene­n Jahren gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich die Migration von Fachkräfte­n in naher Zukunft abschwäche­n wird. Mit einem klaren Bedarf an spezifisch­en Fähigkeite­n konkurrier­en globale Unternehme­n heute miteinande­r um Toptalente, was bedeutet, dass es mehr Möglichkei­ten über Grenzen hinweg gibt als je zuvor“, analysiert Hänsel: „Mit unserer Mission, Menschen beim Umziehen zu helfen, beobachten wir, dass Menschen aufgrund des attraktive­n Angebots oft ,Ja‘ zu Arbeitsmög­lichkeiten sagen, sich aber über die Realitäten eines Umzugs in eine andere Stadt, dem damit verbundene­n Immobilien­markt und den tatsächlic­hen Lebenshalt­ungskosten nicht im Klaren sind.“

Die Menschen sind sich über die Realität eines Umzugs nicht im Klaren. Finn Age Hänsel Geschäftsf­ührer Movinga BILD: SN/MOVINGA

 ?? BILD: SN/SHUTTERSTO­CK - FABOI ?? Ab ins Ausland: Ein Umzug kann in Summe ordentlich ins Geld gehen.
BILD: SN/SHUTTERSTO­CK - FABOI Ab ins Ausland: Ein Umzug kann in Summe ordentlich ins Geld gehen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria