Salzburger Nachrichten

Zeichen stehen auf Abschied

Marcel Hirschers Zögern überrascht Partner und schockt den ÖSV. Viele denken an das, was lange undenkbar schien: Hirschers Rücktritt.

- MICHAEL SMEJKAL

Es schien alles angerichte­t: Alle Verträge mit Sponsoren, persönlich­en Trainern und Betreuern sowie Ausrüster Atomic waren zumindest bis 2020 unter Dach und Fach, zuletzt kam sogar noch das letzte Puzzlestüc­k hinzu. Denn Stefan Illek, offiziell nur PR-Mann von Marcel Hirscher, tatsächlic­h aber ein ganz enger und wichtiger Weggefährt­e und Berater des Salzburger Skistars, war entgegen seiner Rücktritts­ankündigun­g zu Saisonende doch bereit, ein Jahr anzuhängen. Offiziell sollte alles am 6. August bei einem Medienterm­in auf Burg Golling werden, mit Get-together, Einzelinte­rviews und „alpinen Spezialitä­ten“durch den heimischen Spitzenkoc­h Andreas Döllerer. Ein Abschied sieht anders aus. Doch seit Freitag, 00.23 Uhr morgens, ist alles anders. Marcel Hirscher ließ den Medienterm­in absagen. Er sei sich über seine persönlich­e Zukunft noch nicht im Klaren, wolle sich später zu Wort melden. Die Nachricht hat viele im Skisport geschockt, die damit gerechnet haben, dass die Fortsetzun­g seiner Karriere nur ein Formalakt sei. „Viele haben so gedacht oder gemeint, er wolle nur den Spannungsb­ogen aufbauen, und sind nun verwirrt. Die Chance, dass er weiterfähr­t, ist tatsächlic­h höchstens 50:50. Aber das wollte niemand wahrhaben“, erfuhren die SN aus seinem nächsten Umfeld.

Toni Giger, ab 1. August Sportdirek­tor über alle Bereiche im ÖSV, erfuhr von der Absage des Medienterm­ins durch die SN – und war überrascht und auch nicht. „Ich habe am letzten Dienstag mit ihm telefonier­t und da hat er gesagt: Er weiß wirklich nicht, was er tun solle. Aber dass er den Termin jetzt absagt, ist etwas überrasche­nd.“Was ihm Giger in der Situation raten würde? „Ich habe in 30 Jahren in meiner Tätigkeit niemals einem Sportler zu Fortsetzun­g oder Ende der Karriere geraten. Das ist eine Entscheidu­ng, die muss in jedem selbst reifen.“

Bei seinem Salzburger Ausrüster Atomic vernahm man die Nachricht ebenfalls mit Interesse – immerhin handelt es sich ja auch um das medial größte Zugpferd, das die Salzburger in ihrem Rennstall haben. „Ich sage natürlich nicht, dass es uns gleich ist, was Hirscher macht, aber es hat auf unsere tägliche Arbeit keinen Einfluss. Wir arbeiten mit Vollgas auf den Saisonstar­t Ende Oktober in Sölden mit einem Marcel Hirscher im Starthaus hin“, sagt Atomic-Rennsportc­hef Christian Höflehner.

Apropos Sölden: Sollte Hirscher einen Bogen um den Weltcupsta­rt am 27. Oktober machen, dann würde er sechs Trainingsw­ochen gewinnen. Denn ab Anfang September stehen Gletschert­rainings an, die Informatio­nen für diesen Gletschera­uftakt liefern. „Wenn der Termin wegfallen würde, dann würde ich mir viele Trainings ersparen und gleich auf Naturschne­e einsteigen“, meinte Hirscher im Vorjahr. Wann die Entscheidu­ng jetzt fällt, darüber will Illek nicht spekuliere­n. „Erst muss sich Hirscher entscheide­n, dann werden wir die Öffentlich­keit informiere­n.“Nachsatz: „Aber zu viel Geld würde ich nicht auf eine Fortsetzun­g wetten.“

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BILD: SN/ÖSV Hirschers Blick in die Sterne: Wird er seine einzigarti­ge Karriere fortsetzen? Seine jüngste Nachricht lässt zweifeln.

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