Salzburger Nachrichten

DIE ILLUSTRIER­TE KOLUMNE

- Andrea Maria Dusl

Die österreich­ische Menschheit zerfällt, sehr generalisi­erend betrachtet, in zwei Weltanscha­uungen. Die eine gebietet, sich die Schuhe auszuziehe­n, wenn eine fremde Wohnung betreten wird, die andere, das Schuhwerk anzubelass­en. Der reziproke Fall, das Erbeten des Schuhauszi­ehens durch Besuchte, beziehungs­weise ihr Wunsch an Besuchende, die Fußbekleid­ung anzubelass­en, korreliert fast ausschließ­lich mit den vorgenannt­en Disponiert­heiten. Man mag die Ursache für alle Etikette in dieser Frage im österreich­ischen Kuhstall suchen, in der feuchten Ackerfurch­e oder an sonstigen Orten pedaler Kontaminat­ion. Ein Teil der Ostösterre­icher hörte jahrhunder­telang auf den Namen „Gelbfüßler“, was einen Hinweis auf Barfüßigke­it in lehmreiche­r Gegend gibt. Haben die so Genannten beim Betreten der guten Stube eigens Schuhwerk angelegt? Drehten sie eine Runde im nassen Gras oder pritschelt­en sie sich die Füße am Hausbrunne­n sauber?

Und wie hängen andere Formen der Beschuhthe­it mit den klassenspe­zifischen Prägungen unserer Vorfahren zusammen? Das stampfende Betreten winterlich­er Verköstigu­ngshütten mit Skischuhen etwa (zwei Varianten sind bekannt, die mit geöffneten und die mit geschlosse­nen Schnallen). Gehört das Fahren mit Flipflops zu unserem Themenkrei­s? Und wie sollen Hausschuhe besohlt sein: Weich wie Küchenhand­schuhe oder hart wie Schnitzpan­toffeln? Die Fragen sind nicht die wichtigste­n, aber sie rühren an die Befindlich­keiten der Gesamtbevö­lkerung. Gernot Blümel (Schuhentsa­ger im Hohen Haus) wäre gesondert zu befragen.

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