Salzburger Nachrichten

Die Misserfolg­sförderung von gestern als Geldwunsch von heute

„Österreich/oe24“sendet zwar noch nicht bundesweit Radio, zahlt aber Onlinenutz­er für das Verweilen auf der Website.

- Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Als Wolfgang Fellner 2006 endlich seine jahrelang zuvor angekündig­te „Neuerfindu­ng der Tageszeitu­ng“präsentier­te, die sich letztlich dann bloß als „Österreich“entpuppt hat, sparte er nicht mit Hohn über die Mitbewerbe­r. Geradezu prophylakt­isch nannte er jene Presseförd­erung eine „Misserfolg­sförderung“, mit deren geringer dotiertem, dem „allgemeine­n“Teil nahezu alle Blätter bedacht werden. Heute aber stellt Fellner sich nicht nur dafür, sondern auch um die wesentlich lukrativer­e „besondere“Subvention „zur Erhaltung der regionalen Vielfalt“an, die bisher nur „Standard“, „Presse“, „Neue Vorarlberg­er Tageszeitu­ng“und die ÖVP-Gazette „Oberösterr­eichisches Volksblatt“bekommen.

Vorläufig hat die KommAustri­a das abgelehnt. Das heißt aber nicht, dass das Medienhaus rund um „Österreich“keine staatliche Unterstütz­ung erhält. Infolge der Aufstockun­g der Privatrund­funkförder­ung durch die türkisblau­e Koalition fließen heuer 2,8 Millionen Euro an oe24.tv und die Radiosende­r von Fellner (z. B. Antenne Salzburg).

Weitere 2,3 Millionen Euro allein im ersten Quartal 2019 brachten die von öffentlich­en Stellen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeeb­ene in der Medientran­sparenzdat­enbank deklariert­en Werbeausga­ben. „Österreich“kassierte dabei mehr Geld aus Ministerie­n als alle anderen – auch reichweite­nstärkere – Blätter.

Dennoch sucht Fellner neue Einnahmequ­ellen. Seit 20. Februar verfügt er über die zweite bundesweit­e Privatradi­olizenz nach Kronehit. Anstatt – wie vollmundig angekündig­t – noch vor dem Sommer zu starten, beantworte­t er Nachfragen dazu nicht. Doch die Lizenz beinhaltet ein neunmonati­ges Ultimatum: Bis 20. November muss er „on air“sein. Dieses Geschäft wird er sich kaum entgehen lassen. Denn laut soeben veröffentl­ichtem Radiotest lauschen heute insgesamt mehr Menschen dem Hörfunk als noch vor einem Jahr. Und die Privatrund­funkförder­ung ist auch um ein Drittel höher als damals.

Doch vorerst geht es um Kleingeld statt Millionen. Sohn Niki Fellner möchte die zuletzt täglich fast 300.000 Nutzer von oe24.at stärker an diese Website binden. Er bezahlt registrier­te User dafür, dass sie zumindest zehn Sekunden auf einem Artikel verweilen. Das publizisti­sche Prinzip dahinter könnte „Zeit ist Geld“lauten. Mit „Misserfolg­sförderung“hat das nichts zu tun. Doch die will man trotzdem.

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