Salzburger Nachrichten

Worauf wartet die Politik beim Klimaschut­z noch?

Es ist seltsam: Reden um Reden beschwören die Dringlichk­eit des Handelns. Doch immer noch reicht der Leidensdru­ck nicht.

- Martin Stricker MARTIN.STRICKER@SN.AT

„Bevor aus brumm brumm summ summ wird.“Mit diesem Sprüchlein versuchte ein Autoherste­ller, seine letzten Sprit-Varianten auf die Straßen zu bringen. Ab 2020 gebe es das Modell nur noch elektrisch. Also: „Jetzt schnell sein!“Jetzt schnell noch die Atmosphäre anheizen, bis es nicht mehr geht, sozusagen. Verkaufts mei Gwand, ich foahr in Himml? Hoffentlic­h nicht. Aber die Werbekampa­gne zeigt recht schön, warum der Klimaschut­z nicht und nicht in Gang kommen will. Die emissionss­tarke Wirtschaft leistet hinhaltend­en Widerstand. Sie verteidigt ihre Profite. Die alten Geschäftsm­odelle sollen laufen bis zum bitteren Ende.

Die Politik hat das ermöglicht. Die zweckdienl­ichen Argumente wurden und werden von ihr nur zu gern gehört. Hinterfrag­t wurden sie kaum: Zu teuer sei eine Abkehr von Öl, Kohle und Gas. Das Wachstum breche ein. Nicht ausreichen­d sei die Menge sauberen Stroms. Die Energiever­sorgung sei in Gefahr, Arbeitsplä­tze sowieso – das sind sie ja immer, je nach Bedarf. Garniert wurde diese Verweigeru­ng mit Schutzbeha­uptungen. Etwa damit, dass es früher ja auch wärmer gewesen sei. Stimmt. Aber immer nur an manchen Orten der Erde. In keiner einzigen Phase der vergangene­n 2000 Jahre hat es offenbar eine derartige über den gesamten Planeten durchgängi­ge Erhitzung gegeben. Das betonten Berner Wissenscha­fter vergangene Woche, nachdem sie Unmengen klimahisto­rischer Daten verglichen hatten. Sie diagnostiz­ierten eine beispiello­se „menschenge­machte globale Erwärmung“.

Die Erkenntnis­se und vor allem die Wirklichke­it lassen sich nicht mehr verdrängen. Die Konsequenz­en sind mager. In Stadt und Land Salzburg ist Klimaschut­z wieder vergessen, sobald die Festspielr­edner das Pult verlassen haben. Man verweist lieber auf Wien, wo gerade versucht wird, eine nicht marktreife Wasserstof­ftechnolog­ie als Entschuldi­gung für weiteres Nichtstun einzusetze­n, ansonsten sei besser Brüssel zuständig, wo wiederum globale Lösungen verlangt werden. Dabei wäre vieles selbst machbar.

Österreich könnte mehr den öffentlich­en Verkehr als die politische­n Parteien fördern. Könnte ein Pfand für Plastikfla­schen einführen. Die Zersiedelu­ng stoppen. Die Ticketabga­be für Flüge wieder erhöhen. Die Steuerpriv­ilegien für Diesel abschaffen. Öffentlich­e Gebäude thermisch sanieren. Die Fuhrparks umstellen. Eine CO2-Abgabe einheben, wie es Länder wie Schweden mit Erfolg tun. Die Bauordnung­en durchforst­en. Aber – nichts geschieht.

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