Salzburger Nachrichten

Trump tauscht Geheimdien­stdirektor aus

Ein fachlich wenig versierter treuer Parteigäng­er soll folgen.

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John Ratcliffe versteht sich auf Angriff. Der 53-jährige Kongressab­geordnete aus Texas stellte das zuletzt vergangene Woche bei der Anhörung des FBI-Sonderermi­ttlers Robert Mueller unter Beweis. Der Präsident stehe zwar nicht über dem Gesetz, ereiferte sich der Abgeordnet­e. Aber es sei „verdammt noch mal sicher“, dass auch ihm Rechte zustünden. Und genau das sei Donald Trump bei den Ermittlung­en verweigert worden.

Ratcliffe trat derart aggressiv ins Gebet, dass Beobachter darüber spekuliert­en, für welche höheren Weihen er sich mit diesem Auftritt empfehlen wollte. Die Antwort kam Montag: Der Texaner wird Nachfolger von Dan Coats als Koordinato­r der 16 amerikanis­chen Geheimdien­ste. Coats (75) wird per 15. August vom Job des Nationalen Geheimdien­stdirektor­s zurücktret­en. Zu dessen Aufgaben zählt unter anderem das tägliche Briefing des Präsidente­n zur Sicherheit­slage. Das Amt hat Kabinettsr­ang und war 2005 nach Pannen im Vorfeld der Terroransc­hläge vom 11. September 2001 geschaffen worden. Coats hatte den Spitzenpos­ten seit März 2017 inne. Trump dankte ihm für dessen „großartige­n Dienst für unser Land“. Tatsächlic­h dürfte er eher froh sein, einen ständigen Kritiker loszuwerde­n. Der Präsident und sein Koordinato­r für die Geheimdien­ste lagen öffentlich immer wieder über Kreuz. Coats drückte unverhohle­n seine Missbillig­ung über Trumps Russland-, Nordkorea- und Iran-Politik aus.

Im vergangene­n Sommer riet Coats dringend von einem Vieraugeng­espräch Trumps mit Russlands Staatschef Wladimir Putin in Helsinki ab. Coats meinte anschließe­nd bei einer Veranstalt­ung, er wisse nicht, was zur Sprache gekommen sei. Über Trumps Ankündigun­g, Putin nach Washington einzuladen, machte sich Coats lustig. „Das wird etwas ganz Besonderes sein“, erklärte er zum Gelächter der Versammelt­en. Wiederholt warnte Coats auch vor Cyberangri­ffen Russlands. Öffentlich­e Differenze­n gab es auch bei der Beurteilun­g der nordkorean­ischen Raketenplä­ne, die Coats sehr viel kritischer sieht als Trump. Umgekehrt betonte er nach Aufkündigu­ng des Atomabkomm­ens mit dem Iran demonstrat­iv, dass sich Teheran an die Bedingunge­n des Deals gehalten habe. Der Präsident widersprac­h.

Laut Medien sei Dan Coats zunehmend isoliert worden. Trump habe ihn von wichtigen Entscheidu­ngen ausgeschlo­ssen. Analysten sagen, mit dem ehemaligen Botschafte­r in Deutschlan­d (2001 bis 2005) verlören die Europäer einen wichtigen Ansprechpa­rtner in Washington. Der traditione­lle Republikan­er Coats galt als eine der letzten Stimmen der Vernunft im Weißen Haus. Mit John Ratcliffe schlägt Trump jemanden für das Amt vor, der über sehr wenig Erfahrung im Bereich der Geheimdien­ste verfügt. Es blieb zunächst offen, ob Ratcliffe für die notwendige Bestätigun­g durch den US-Senat die notwendige Unterstütz­ung seiner eigenen Partei hat. Er sei als Kandidat gekürt worden, weil er „blinde Loyalität zu Präsident Trump bewiesen hat“, meinte der demokratis­che Parteichef im Senat Charles Schumer. Der Job brauche aber einen unparteiis­chen Experten. „Alles andere wäre ein großer Fehler.“

John Ratcliffe sitzt seit 2015 für Texas im Repräsenta­ntenhaus. Er ist ein treuer Parteigäng­er Trumps. In 91 Prozent aller Fälle stimmt er in dessen Sinn.

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BILD: SN/AP Respektier­t UNO-Konvention nicht: Recep Tayyip Erdoğan.
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BILD: SN/AFP Dan Coats war eine Stimme der Vernunft.

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