Notenbanken suchen nach Rezepten
Am Mittwoch wird die US-Notenbank Fed die Leitzinsen senken – erstmals seit 2008. Die echten Probleme wird sie damit aber nicht lösen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) steht ebenso wie die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) vor der Aufgabe, die Konjunktur am Laufen zu halten und gleichzeitig die Währungsstabilität zu sichern. Dass sie beide das angepeilte Ziel einer Jahresinflation von nahe, aber unter zwei Prozent nicht erreichen, ist eine Sache. Gravierender ist aus Sicht von Experten die Tatsache, dass sich die beiden größten Notenbanken der Welt mit Problemen herumschlagen, die außerhalb ihrer Einflussmöglichkeiten liegen.
Denn die wahren Probleme liegen anderswo, das hat auch FedChef Jerome Powell kürzlich dargelegt. Es geht um die Folgen des Handelskonflikts zwischen den USA und China, um eine Überschuldung der aufstrebenden Märkte, in Europa um die Bewältigung des Brexit sowie wirksame wirtschaftspolitische Schritte in der Klimapolitik. Angesichts dieser Herausforderungen tritt die Wirkungslosigkeit der Geldpolitik mehr oder weniger deutlich zutage. Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek bringt es folgendermaßen auf den Punkt. „Ordnungs- und Strukturpolitik findet derzeit kaum statt, dafür werden der Geldpolitik Dinge aufgebürdet, die sie nicht bewältigen kann“, sagt der Chefökonom der Raiffeisenbank International (RBI).
Hohe Aktualität haben diese Aussagen im Vorfeld der nächsten Zinsentscheidung der US-Notenbank am Mittwoch. Eine Senkung der Leitzinsen von 2,5 Prozent gilt in Marktkreisen als sicher, diskutiert wird noch über das Ausmaß der ersten Leitzinssenkungen in den USA seit dem Krisenjahr 2008. Während manche eine Senkung um 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) für möglich halten, geht Brezinschek von zwei separaten Schritten von je 25 Punkten aus. Im ersten Halbjahr 2020 dürfte die Fed um noch einmal insgesamt 50 Punkte absenken. Zur Jahresmitte schließt sich dann traditionell das „Zinsfenster“für weitere Maßnahmen durch die Fed, um nur ja nicht in den Verdacht einer Beeinflussung der im November 2020 anstehenden Präsidentenwahl zu kommen. US-Präsident Donald Trump freilich unterstellte der Fed schon am Montag, sie werde nichts tun. Wiederholt hatte Trump die Fed aufgefordert, die Zinsen zu senken.
Keinen neuen Kurs erwartet Brezinschek vom Wechsel an der EZBSpitze von Mario Draghi zu Christine Lagarde. Die bisherige IWF-Chefin werde die Geldpolitik noch mehr in den Dienst politischer Zielsetzungen stellen. Die ersten zwölf Monate ihrer Amtszeit werde sie wohl damit zu tun haben, Draghis Vorgaben zu exekutieren.