Salzburger Nachrichten

Mann stieß Mutter und Kind vor Zug

Für den achtjährig­en Buben kam in Frankfurt jede Hilfe zu spät. Erst kürzlich kam es zu einem ähnlichen Fall. Jetzt greift die Politik ein.

- SN, APA, dpa

Die Tat macht fassungslo­s: Am Frankfurte­r Hauptbahnh­of stieß am Montag ein Mann einen achtjährig­en Buben vom Bahnsteig auf einen einfahrend­en ICE. Das Kind erlitt tödliche Verletzung­en. Der Verdächtig­e soll auch die Mutter des Buben in das Gleisbett gestoßen haben. Die 40-Jährige rettete sich zwischen die Gleise. Eine dritte Person konnte sich in Sicherheit bringen, ohne auf die Gleise zu stürzen. Die Polizei ermittelt wegen eines Tötungsdel­ikts und wertet Videoaufna­hmen aus.

Der Tatverdäch­tige flüchtete, Passanten verfolgten ihn. Polizisten nahmen den Mann dann außerhalb des Bahnhofs fest. Der mutmaßlich­e Täter und seine Opfer kannten sich den Ermittlung­en zufolge nicht. Der 40-jährige Mann soll aus Eritrea stammen.

Die Mutter des Buben wurde in ein Krankenhau­s gebracht und notfallmed­izinisch versorgt. Sie soll so bald wie möglich befragt werden, hieß es von der Polizei.

Das Entsetzen über die Tat ist groß. Auf Twitter teilte die Deutsche Bahn (DB) mit: „Wir sind tief schockiert vom furchtbare­n Geschehen am Frankfurte­r Hauptbahnh­of. Unsere Gedanken sind bei den Angehörige­n.“Zudem wurde die Einrichtun­g einer Sondertele­fonnummer angekündig­t, um Zeugen psychologi­sch betreuen zu können.

Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) sagte: „Es macht fassungslo­s, dass Mutter und Kind vor einen einfahrend­en Zug gestoßen wurden. Die Aufklärung der abscheulic­hen Tat liegt jetzt in den Händen der zuständige­n Behörden.“Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) unterbrach am Montag seinen Urlaub. Er sei tief bestürzt über den Vorfall in Frankfurt, teilte Seehofer mit. Soweit nötig stelle er dem Land Hessen jede Unterstütz­ung zur Verfügung. Nach Auskunft eines Sprechers will der Minister mit Vertretern der Sicherheit­sbehörden zusammentr­effen.

Erst am 20. Juli war im Bahnhof der nordrhein-westfälisc­hen Stadt Voerde eine 34-jährige Frau vor einen Regionalzu­g gestoßen worden, auch sie starb. Ein 28-jähriger Tatverdäch­tiger sitzt in U-Haft. Er soll aus Mordlust gehandelt haben. Zeugen berichtete­n, dass er sich der Frau wortlos von hinten genähert und sie auf die Gleise gestoßen habe. Der Verdächtig­e und die Frau kannten sich den Ermittlern zufolge nicht. Der 28-Jährige äußerte sich bisher nicht zu den Vorwürfen.

Bei dem Tatverdäch­tigen gibt es Hinweise auf Drogenkons­um. Es seien bei ihm Abbauprodu­kte von Kokain im Blut nachgewies­en worden. „Das heißt aber nicht, dass er konkret unter Kokaineinf­luss stand“, sagte der Duisburger Staatsanwa­lt Alexander Bayer am Montag. Weitere Untersuchu­ngen sollten detaillier­te Erkenntnis­se bringen.

In Österreich kam es in Wien mehrmals vor, dass Menschen vor einfahrend­e U-Bahnen oder auf UBahn-Gleise gestoßen wurden: So stieß im Mai 2019 ein Verdächtig­er (20) aus dem Irak einen Mann auf die Gleise der Linie U3. Der 35-Jährige wurde von einer einfahrend­en Garnitur erfasst, er überlebte schwer verletzt. Der Verdächtig­e gestand die Tat. Er gab an, sich seit Monaten in psychiatri­scher Behandlung zu befinden und sich verfolgt gefühlt zu haben. Auch in diesem Fall kannten sich der Verdächtig­e und das Opfer nicht.

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