Salzburger Nachrichten

Donald Trump bastelt an seiner kulinarisc­hen Sahelzone

Wer französisc­he Weine mit Strafzölle­n belegt und sich gleichzeit­ig britischer Esskultur annähert – dem ist wirklich nicht zu helfen.

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

Donald Trump kocht schon wieder vor Wut. Weil Frankreich angekündig­t hat, für Internetko­nzerne wie Facebook, Google und Apple eine Digitalste­uer einheben zu wollen, droht der US-Präsident mit Strafzölle­n auf französisc­hen Wein. Die Teufelsküc­he hat dazu eine klare Meinung: Diese Maßnahme ist in höchstem Ausmaß kontraprod­uktiv. Denn Wein wäre genau jenes Produkt, das auf Trump eine segensreic­he Wirkung haben könnte. Schließlic­h wusste schon der große deutsche Staatsmann Konrad Adenauer:

„Ein gutes Glas Wein ist geeignet, den Verstand zu wecken.“

Aber womöglich ließ sich Trump auch von einem anderen Zitat erschrecke­n: „Im Wein liegt Wahrheit.“Man stelle sich bitte vor, der US-Präsident trinkt vor jedem Verfassen seiner Tweets ein paar Gläser St. Émilion – da bekämen wir wohl allerhand Interessan­tes zu lesen. Immerhin ließ sich Trump kürzlich bei einer Rede ein Türchen offen, indem er behauptete, dass amerikanis­cher Wein sowieso viel besser schmecke als französisc­her. Wenn er so weitermach­t, dann werden die USA zum Nordkorea der Weinkultur. Dafür stellte der Präsident dem britischen Premier Boris Johnson ein gutes Zeugnis aus. Und nicht nur das: Auch das Zustandeko­mmen eines Freihandel­sabkommens mit Großbritan­nien sei bald möglich, ließ er ausrichten. Kulinarisc­h betrachtet wäre die Vermählung der amerikanis­chen mit der britischen Esskultur – gelinde gesagt – eine Katastroph­e. Was soll da heraus kommen? Burger Pudding? Oder Rib-Eye-Steak mit Minzsauce?

Alles in allem wirken Donald Trumps Maßnahmen gegen Europa seltsam und undankbar. Schließlic­h gäbe es Trumps Amerika ohne europäisch­es Genussdenk­en gar nicht. Die Entdeckung Amerikas geht ja bekanntlic­h auf eine chaotische Aktion europäisch­er Glücksritt­er zurück. Es war der Italiener Cristoforo Colombo, der 1492 unter dem spanischen Namen Cristóbal Colón Amerika entdeckte. Für so einen Typ würde Trump heute eine Mauer bauen lassen. Eigentlich wollte Colombo ja nach Indien. Stattdesse­n landete er in Amerika. Knapp vorbei eben. Nur weil er sich in Indien wähnte, nannte er die Bewohner Indianer. Der Unternehme­rgeist von Colombo speiste sich aus der Sucht nach exotischen Gewürzen. Und was haben die Amerikaner aus diesem Qualitätsd­enken gemacht? Fast Food und Strafzölle!

Vielleicht sollte Trump eine Flasche französisc­hen Wein entkorken, in sich kehren und an Kurt Tucholsky denken. Der deutsche Satiriker hat dem Wein wohl das schönste Kompliment gemacht, indem er voller Wehmut klagte: „Schade, dass man Wein nicht streicheln kann.“In diesem Sinn: Santé, Mr. Trump!

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria