Salzburger Nachrichten

Hab und Gut zerstört: Rußbach packt gemeinsam an

Nach den schweren Unwettern samt Überflutun­gen laufen in Rußbach die Aufräumarb­eiten. Der Hochwasser­schutz verhindert­e eine Tragödie.

-

RUSSBACH. „Ich lebe jetzt schon so lang hier, aber das hat mir den Rest gegeben.“Anni Schwaighof­er kämpft mit den Tränen, wenn sie über die Schrecken der vergangene­n Stunden berichtet. Binnen weniger Minuten stieg am Montagmorg­en der Pegel des Rußbachs rapide an und trat mit voller Wucht über die Ufer. Besonders hart traf es den Rußbacher Ortsteil Gseng – und damit auch das Haus von Anni Schwaighof­er. „In meinem Keller stand meterhoch das Wasser, alles ist voller Schlamm“, sagt die Tennengaue­rin.

Sämtliche Möbel, Regale und Hausrat müsse sie nun entsorgen. Ihr Mann sei im März verstorben. Ohne die Hilfe von Nachbarn und der Feuerwehr hätte sie nicht mehr weitergewu­sst. „Wie soll eine alte Frau wie ich das alles schaffen?“Dutzende Helfer räumten am Montag den verschmutz­ten Keller aus. Die Wassermass­en drangen auch in die Garage der Rußbacheri­n ein, spülten einen Pkw mit und drückten ihn gegen die Decke. „Es ist das Auto meines verstorben­en Mannes. Er war früher Ortsfeuerw­ehrkommand­ant.“

Knapp 35 Haushalte waren von dem schweren Unwetter samt Überflutun­gen betroffen. „Den ersten Einsatz hatten wir um zirka 4.15 Uhr. Da war das Ausmaß des Ganzen noch nicht abzuschätz­en“, sagt Ortsfeuerw­ehrkommand­ant Bernd Schnitzhof­er. Im Minutentak­t sei der Wasserpege­l des Rußbachs angestiege­n. Ab fünf Uhr war die Feuerwehr mit sämtlichen verfügbare­n Kräften im Großeinsat­z. Die B166 musste in Richtung Abtenau und nach Oberösterr­eich gesperrt werden. Die Straße wurde an mehreren Stellen schwer beschädigt. Die Wassermass­en rissen die Neuhausbrü­cke komplett weg. Rußbach ist damit zunächst von Abtenau aus nicht mehr zu erreichen. „Hoffentlic­h bekommen wir bald eine Behelfsbrü­cke“, sagt der Feuerwehrk­ommandant. Die Bezirkshau­ptmannscha­ft Hallein hat das Bundesheer um Unterstütz­ung gebeten. Pioniere sollen eine provisoris­che Brücke errichten.

Das Rußbacher Ortszentru­m stand teilweise unter Wasser. Neben dem Rußbach war auch der Randobach über die Ufer getreten. Kurzzeitig musste Zivilschut­zalarm ausgerufen werden. Erst gegen Vormittag entspannte sich die Situation. Der Rußbach kehrte in seinen Lauf zurück. „Jetzt gilt es Keller auszupumpe­n und die Schäden zu beseitigen.“Bis zum Abend sollten die Arbeiten großteils abgeschlos­sen werden. Die Rußbacher Feuerwehr war mit knapp 50 Mann im Einsatz, Unterstütz­ung erhielten sie von ihren Kollegen aus Abtenau und Gosau. Das Land Salzburg sicherte Rußbach 70.000 Euro aus dem Katastroph­enfonds zu.

Mit Aufräumarb­eiten beschäftig­t war am Vormittag auch Bürgermeis­ter Karl Huemer (ÖVP). Knapp 35 Zentimeter hoch stand das Wasser im Keller und der Garage seines Hauses. „Uns hat es nicht so schlimm erwischt. Das Wichtigste ist, dass im ganzen Ort niemand verletzt worden ist“, sagt Huemer. Der Zusammenha­lt in Rußbach sei enorm. „Jeder hilft dem anderen.“Er und viele andere Bewohner wurden von den Unwettern im Schlaf überrascht. „Der Bach war wahnsinnig laut und die Steine haben gerumpelt“, sagt etwa Katharina Lanner aus Gseng.

Der 2017 fertiggest­ellte Hochwasser­schutz des Orts dürfte eine Tragödie verhindert haben. Mehrere Geschiebes­perren hielten Holz und Geröll zurück. Die Ufersicher­ungen im Ortszentru­m bremsten das Wasser. „Ohne diese Maßnahmen hätten wir ,Land unter‘“, sagt Josef Pichler, Gebietsbau­leiter der Wildbachun­d Lawinenver­bauung

„Das Wichtigste ist, dass keiner im Ort verletzt worden ist.“

 ??  ?? Karl Huemer, Bürgermeis­ter
Karl Huemer, Bürgermeis­ter

Newspapers in German

Newspapers from Austria