„Die Brücke ist hinter uns eingestürzt“
Während Mittersill und Oberndorf glimpflich davonkamen, traf es das Lammertal mit voller Wucht. Der Abtenauer Ortsfeuerwehrchef saß in Rußbach fest – und half dort aus.
SALZBURG. So eine Situation hat Martin Zorec noch nicht erlebt: Wenige Minuten nachdem der stellvertretende Ortsfeuerwehrkommandant von Abtenau mit einem Einsatzfahrzeug die Neuhausbrücke an der B166 zwischen Rußbach und Abtenau überquert hatte, stürzte sie ein. „Im Rückspiegel habe ich gesehen, wie das Wasser des Rußbachs die Brücke plötzlich überflutete und dann ging es sehr schnell: Das Bachbett wurde ausgeschwemmt, Bäume auf die Brücke gespült und innerhalb kürzester Zeit ist sie eingestürzt“, schildert der Feuerwehrmann. Wassermassen von bis zu 115 Litern Regen pro Quadratmeter hatten dem Ortsteil stark zugesetzt. Das war auch der Grund, warum Martin Zorec und seine Kollegen vor Ort waren: Der Rußbach war gegen fünf Uhr früh über die Ufer getreten und hatte zwei Keller überflutet. Zu dem Einsatz ist es jedoch nicht mehr gekommen, denn auch wenn die Feuerwehr – es waren zwei Fahrzeuge im Einsatz – die Neuhausbrücke zunächst noch passieren konnte: Eine zweite Brücke auf dem Weg zum Einsatzort war bereits von Wasser überflutet. „Wir mussten umkehren“, betont Martin Zorec. Während er es noch zurück über die Neuhausbrücke schaffte, war es für die Kollegen im zweiten Einsatzfahrzeug zu spät. Sie mussten auf der anderen Seite bleiben.
„Uns blieb nichts anderes übrig, als in Richtung Rußbach zu ,flüchten‘“, erklärt der Abtenauer Ortsfeuerwehrkommandant Albin Bachler, der am Steuer des zweiten Einsatzfahrzeugs gesessen hatte. Seine acht Kollegen und er machten das Beste draus: „Wir haben die Kollegen in Rußbach unterstützt. Die hat es wesentlich ärger erwischt als uns in Abtenau.“
Doch auch in Abtenau hat der Starkregen schwere Schäden verursacht: Gemeindestraßen wurden unterspült, der Kanal über große Strecken ausgespült, eine weitere Brücke vor der Tennisund Reithalle hängt durch. „Ein Brückenpfeiler wurde weggeschwemmt, wir wissen nicht, wo er ist“, beschreibt Bürgermeister Johann Schnitzhofer. In Voglau trat die Lammer über die Ufer, im Ortsteil Gseng wurden mehrere Gebäude überflutet. „Die Schäden sind extrem – nichts, was alle zehn Jahre vorkommt“, sagt Schnitzhofer und ergänzt: „Auch wenn wir noch nicht sagen können, wie hoch die Kosten sein werden: Mit einer Million Euro kommen wir nicht weit.“
In Mittersill überschritt die Salzach zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen die Alarmgrenze. Damit hatte man nach den Prognosen nicht gerechnet. Aber die trockenen Böden konnten nur wenig Wasser aufnehmen. Die Feuerwehr begann um vier Uhr mit Schutzmaßnahmen. Sie baute mobile Sperren auf und sperrte einzelne Straßen. Auch die Pinzgauer Lokalbahn wurde zwischen dem Gasthof Essiger in Mittersill und Krimml gesperrt. An mehreren Sollbruchstellen wie beim Golfplatz und bei der Panoramabahn in Hollersbach trat der Fluss über die Ufer und flutete Wiesen und Parkplätze. Schon am späten Vormittag sank der Pegel wieder und es konnte Entwarnung gegeben werden.
Bürgermeister Wolfgang Viertler sagte, dank des Hochwasserschutzes sei man wieder mit einem blauen Auge davongekommen. Als 2005 der gesamte Ortskern zum Teil meterhoch unter Wasser stand und Schäden in Millionenhöhe entstanden, lag der höchste Pegelstand bei fünf Metern. Genau den gleichen Stand erreichte die Salzach am Montag, und die Schäden waren minimal. Wichtig seien auch die Erfahrungen von 2014 gewesen, sagte Viertler. Damals musste der Hochwasserschutz bei einem Pegelstand von 5,70 Metern seine erste große Bewährungsprobe bestehen. Danach wurden letzte Schwachstellen beseitigt. Unter anderem wurde die erste Hubbrücke im Land Salzburg gebaut, weil die alte Salzachbrücke zu verklausen drohte. Ein Heben der erst vor Kurzem fertiggestellten Brücke war am Montag noch nicht notwendig.
Vergleichsweise ruhig war die Lage an der Salzach in Oberndorf. Dennoch trat dort beim Über
„Kurz nachdem wir sie passiert hatten, stürzte die Brücke ein.“
schreiten der Fünfmetermarke des Salzach-Pegelstands in der Früh der Krisenstab zusammen. „Wir sind der Abfluss von Salzburg, und das erklärt unsere besondere Situation. Wir müssen sehr sensibel mit Prognosen von Pegelständen umgehen“, schildert Bürgermeister Georg Djundja. Aus Sicherheitsgründen für Fußgänger und Radfahrer gesperrt wurden der Salzachdamm, der Oichtensteg, der Europasteg und der Tauernradweg.
In ganz Salzburg seien seit dem großen Hochwasser von 2002 mehr als 675 Mill. Euro in den Hochwasser- und Murenschutz investiert worden, sagt der LAbg. und Bürgermeister von Wald, Michael Obermoser (ÖVP). „Insgesamt 1600 Projekte wurden umgesetzt und rund 60.000 Salzburger vor Hochwässern direkt und indirekt geschützt. Die jetzigen Umstände zeigen, wie wichtig diese Investitionen waren – der konsequente Ausbau des Hochwasserschutzes macht sich bezahlt.“