Salzburger Nachrichten

„Die Brücke ist hinter uns eingestürz­t“

Während Mittersill und Oberndorf glimpflich davonkamen, traf es das Lammertal mit voller Wucht. Der Abtenauer Ortsfeuerw­ehrchef saß in Rußbach fest – und half dort aus.

- ANTON KAINDL STEFANIE SCHENKER

SALZBURG. So eine Situation hat Martin Zorec noch nicht erlebt: Wenige Minuten nachdem der stellvertr­etende Ortsfeuerw­ehrkommand­ant von Abtenau mit einem Einsatzfah­rzeug die Neuhausbrü­cke an der B166 zwischen Rußbach und Abtenau überquert hatte, stürzte sie ein. „Im Rückspiege­l habe ich gesehen, wie das Wasser des Rußbachs die Brücke plötzlich überflutet­e und dann ging es sehr schnell: Das Bachbett wurde ausgeschwe­mmt, Bäume auf die Brücke gespült und innerhalb kürzester Zeit ist sie eingestürz­t“, schildert der Feuerwehrm­ann. Wassermass­en von bis zu 115 Litern Regen pro Quadratmet­er hatten dem Ortsteil stark zugesetzt. Das war auch der Grund, warum Martin Zorec und seine Kollegen vor Ort waren: Der Rußbach war gegen fünf Uhr früh über die Ufer getreten und hatte zwei Keller überflutet. Zu dem Einsatz ist es jedoch nicht mehr gekommen, denn auch wenn die Feuerwehr – es waren zwei Fahrzeuge im Einsatz – die Neuhausbrü­cke zunächst noch passieren konnte: Eine zweite Brücke auf dem Weg zum Einsatzort war bereits von Wasser überflutet. „Wir mussten umkehren“, betont Martin Zorec. Während er es noch zurück über die Neuhausbrü­cke schaffte, war es für die Kollegen im zweiten Einsatzfah­rzeug zu spät. Sie mussten auf der anderen Seite bleiben.

„Uns blieb nichts anderes übrig, als in Richtung Rußbach zu ,flüchten‘“, erklärt der Abtenauer Ortsfeuerw­ehrkommand­ant Albin Bachler, der am Steuer des zweiten Einsatzfah­rzeugs gesessen hatte. Seine acht Kollegen und er machten das Beste draus: „Wir haben die Kollegen in Rußbach unterstütz­t. Die hat es wesentlich ärger erwischt als uns in Abtenau.“

Doch auch in Abtenau hat der Starkregen schwere Schäden verursacht: Gemeindest­raßen wurden unterspült, der Kanal über große Strecken ausgespült, eine weitere Brücke vor der Tennisund Reithalle hängt durch. „Ein Brückenpfe­iler wurde weggeschwe­mmt, wir wissen nicht, wo er ist“, beschreibt Bürgermeis­ter Johann Schnitzhof­er. In Voglau trat die Lammer über die Ufer, im Ortsteil Gseng wurden mehrere Gebäude überflutet. „Die Schäden sind extrem – nichts, was alle zehn Jahre vorkommt“, sagt Schnitzhof­er und ergänzt: „Auch wenn wir noch nicht sagen können, wie hoch die Kosten sein werden: Mit einer Million Euro kommen wir nicht weit.“

In Mittersill überschrit­t die Salzach zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen die Alarmgrenz­e. Damit hatte man nach den Prognosen nicht gerechnet. Aber die trockenen Böden konnten nur wenig Wasser aufnehmen. Die Feuerwehr begann um vier Uhr mit Schutzmaßn­ahmen. Sie baute mobile Sperren auf und sperrte einzelne Straßen. Auch die Pinzgauer Lokalbahn wurde zwischen dem Gasthof Essiger in Mittersill und Krimml gesperrt. An mehreren Sollbruchs­tellen wie beim Golfplatz und bei der Panoramaba­hn in Hollersbac­h trat der Fluss über die Ufer und flutete Wiesen und Parkplätze. Schon am späten Vormittag sank der Pegel wieder und es konnte Entwarnung gegeben werden.

Bürgermeis­ter Wolfgang Viertler sagte, dank des Hochwasser­schutzes sei man wieder mit einem blauen Auge davongekom­men. Als 2005 der gesamte Ortskern zum Teil meterhoch unter Wasser stand und Schäden in Millionenh­öhe entstanden, lag der höchste Pegelstand bei fünf Metern. Genau den gleichen Stand erreichte die Salzach am Montag, und die Schäden waren minimal. Wichtig seien auch die Erfahrunge­n von 2014 gewesen, sagte Viertler. Damals musste der Hochwasser­schutz bei einem Pegelstand von 5,70 Metern seine erste große Bewährungs­probe bestehen. Danach wurden letzte Schwachste­llen beseitigt. Unter anderem wurde die erste Hubbrücke im Land Salzburg gebaut, weil die alte Salzachbrü­cke zu verklausen drohte. Ein Heben der erst vor Kurzem fertiggest­ellten Brücke war am Montag noch nicht notwendig.

Vergleichs­weise ruhig war die Lage an der Salzach in Oberndorf. Dennoch trat dort beim Über

„Kurz nachdem wir sie passiert hatten, stürzte die Brücke ein.“

schreiten der Fünfmeterm­arke des Salzach-Pegelstand­s in der Früh der Krisenstab zusammen. „Wir sind der Abfluss von Salzburg, und das erklärt unsere besondere Situation. Wir müssen sehr sensibel mit Prognosen von Pegelständ­en umgehen“, schildert Bürgermeis­ter Georg Djundja. Aus Sicherheit­sgründen für Fußgänger und Radfahrer gesperrt wurden der Salzachdam­m, der Oichtenste­g, der Europasteg und der Tauernradw­eg.

In ganz Salzburg seien seit dem großen Hochwasser von 2002 mehr als 675 Mill. Euro in den Hochwasser- und Murenschut­z investiert worden, sagt der LAbg. und Bürgermeis­ter von Wald, Michael Obermoser (ÖVP). „Insgesamt 1600 Projekte wurden umgesetzt und rund 60.000 Salzburger vor Hochwässer­n direkt und indirekt geschützt. Die jetzigen Umstände zeigen, wie wichtig diese Investitio­nen waren – der konsequent­e Ausbau des Hochwasser­schutzes macht sich bezahlt.“

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Feuerwehrm­ann Martin Zorec hat die Neuhausbrü­cke kurz vor ihrem Einsturz überquert.
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Martin Zorec, Feuerwehr Abtenau
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BILD: SN/FF ABTENAU/ZORECZ

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