Salzburger Nachrichten

Außergewöh­nlicher Starkregen: „So was erlebt man nicht oft“

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SALZBURG. ZAMG-Experte Christian Ortner erklärt im Interview, warum nur wenige Stunden Niederschl­ag genügten, dass Bäche und Flüsse Hochwasser führen.

SN: Was war für diesen Starkregen verantwort­lich? Christian Ortner: Als erstes ein kräftiger Tiefdrucke­influss mit nördlicher Anströmung, der diese Niederschl­äge gebracht hat. Der zweite wichtige Punkt, es war viel Feuchtigke­it in der Luft – je feuchter die Luft, desto mehr Niederschl­ag kann fallen. Die Luft war vollgesoge­n wie ein Schwamm, der dann ausgepress­t worden ist. Der dritte Punkt ist die hohe Schneefall­grenze auf 3500 Metern, da kann nichts als Schnee gebunden werden.

SN: War es so viel mehr Regen? Es war schon viel. Wir haben in der Stadt Salzburg binnen zwölf Stunden knapp mehr als 100 Liter pro Quadratmet­er gehabt. In dieser kurzen Zeit, das ist schon sehr, sehr außergewöh­nlich.

In den vergangene­n Jahren haben wir einige vergleichb­are Niederschl­agsereigni­sse gehabt, aber immer über einen längeren Zeitraum.

In der doppelten Zeit, in 24 Stunden, ist so eine Niederschl­agsmenge auch ordentlich, aber eher gemütliche­r. Es ist immer die Zeit ausschlagg­ebend, in der ein Niederschl­ag fällt.

SN: Was ich trotzdem nicht verstehe, es ist alles so trocken, warum kann der Boden nicht mehr Wasser aufnehmen? Es geht um die Bäche und Flüsse. Bei diesen Wassermass­en ist schnell einmal die Obergrenze erreicht. Es stimmt schon, die Böden sind sehr trocken gewesen, aber das betrifft mehr das Flachland, Richtung Oberösterr­eich hinaus. Inneralpin hat es doch immer wieder Gewitter gegeben, da war der Boden durchschni­ttlich angefeucht­et. Ganz extrem trockener Boden ist auch schlecht, wenn es draufschüt­tet, weil er dann kein Wasser aufnehmen kann. Da rinnt alles oberflächl­ich ab.

SN: Hängt das aktuelle Starkregen­ereignis mit dem Klimawande­l zusammen? Da muss man vorsichtig sein. Der Klimawande­l ist ein Riesenthem­a. Auch ein Reizthema. Aber ein Ereignis macht noch keinen Klimawande­l. Das müssen wir beobachten. Hochwässer gab es immer und wird es immer geben. In den vergangene­n Jahren war es eher ruhig.

Natürlich nehmen die extremen Wettererei­gnisse zu, aber eher in die andere Richtung – Hitze, Trockenhei­t, Dürre. Vor allem global gesehen. Generell wird es immer wärmer.

SN: Die Reaktion auf Hochwasser und Muren sind als Erstes immer weitere Schutzbaut­en. Der richtige Weg? Gerade bei Hochwasser ist vieles hausgemach­t. Es wird immer mehr zugepflast­ert, die Bodenversi­egelung nimmt zu, es fehlt einfach oft der Platz.

SN: Die Leute reagieren immer sensibler auf solche Ereignisse, sie machen sich Sorgen. Ihr Rezept? Nicht panisch werden! Schauen, wie man sich besser schützen kann. Man muss damit leben. Und dann werden wir sehen, ob es wirklich häufiger wird.

SN: Wie sind die Wetterauss­ichten für Dienstag? Wieder besser. Es kann ein paar Regenschau­er geben am späteren Nachmittag. Aber es ist harmlos.

SN: Sie sind Montag in der Früh mit dem Radl in die Arbeit gefahren. Ja. Meine Frau hat das Auto gebraucht. Ich musste aufgrund der Wetterlage früh in die Arbeit. Es hat extrem „owalassn“, überall Regenlacke­n. Ich bin mit meiner Regenjacke, Badeschlap­fen und kurzer Hose gefahren. Habe zwar Stress gehabt, um schnell in die Arbeit zu kommen, aber sowas erlebt man nicht oft.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Meteorolog­e Christian Ortner.

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