Salzburger Nachrichten

Der Asyl- und Schutzstat­us wird immer öfter aberkannt

Während die Asylanträg­e sinken, steigen die freiwillig­en Ausreisen, die Abschiebun­gen und vor allem jene Fälle, in denen der Asyl- oder Schutzstat­us wieder aberkannt wird. Warum das so ist.

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Während die Zahl der Asylanträg­e sinkt, steigt die Zahl der Abschiebun­gen, der freiwillig­en Ausreisen und vor allem der Aberkennun­gen des Asyl- und Schutzstat­us durch das Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl. Im ersten Halbjahr gab es mehr als doppelt so viele Verfahren im Vergleich zu 2018. Der Hauptgrund dafür sei Straffälli­gkeit, heißt es im Innenresso­rt. Allerdings wird seit Jahren auch stärker darauf geachtet, wie sich die Lage im Herkunftsl­and entwickelt: Hat sie sich dauerhaft verbessert, wird ein Aberkennun­gsverfahre­n des Schutzstat­us eingeleite­t.

WIEN. Der starke Rückgang bei Asylanträg­en schlägt sich auch in der Zahl der offenen Verfahren nieder: Waren beim Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl (BFA) Anfang Jänner noch knapp 7000 Verfahren offen, sind es derzeit nur noch 2341 (Stand 30. Juni). Dafür stieg die Zahl der unerledigt­en Verfahren in der zweiten Instanz, dem Bundesverw­altungsger­icht, einmal mehr: von 30.000 Anfang Jänner auf 31.250 Ende Juni. Das zeigen die Zahlen der Halbjahres­statistik.

Bemerkensw­ert daran: Die Zahl der Aberkennun­gsverfahre­n, die im ersten Halbjahr eingeleite­t wurden, hat sich mehr als verdoppelt. Waren es von Jänner bis Ende Juni 2018 rund 1800 gewesen, sind es heuer bereits 4047 (plus 125 Prozent). Wobei sich die Zahl der Aberkennun­gsverfahre­n schon im Vorjahr auf 6000 im Vergleich zu 2017 vervierfac­ht hatte. 1521 Mal wurde der Asyl- oder Schutzstat­us heuer bereits aberkannt. Im Gesamtjahr 2018 waren es mit 1600 nur unwesentli­ch mehr gewesen.

Der Hauptgrund für die Aberkennun­g ist laut Innenresso­rt Straffälli­gkeit. Andere Gründe sind etwa die freiwillig­e Heimkehr von Asylund Schutzbere­chtigten oder wenn sich herausstel­lt, dass die Schutzwürd­igkeit nicht mehr gegeben ist, also im Heimatland keine Gefahr mehr besteht. Während das seit jeher Bestandtei­l der Asylgesetz­gebung ist, aber kaum angewendet wurde, wird seit einiger Zeit wesentlich genauer hingeschau­t: Hat sich die Lage im Herkunftsl­and verbessert, wird – ähnlich wie bei Straffälli­gen – ein beschleuni­gtes Aberkennun­gsverfahre­n eingeleite­t. Und das nicht erst, seit es infolge der Flüchtling­skrise 2015 zur Regelung „Asyl auf Zeit“gekommen ist: Das Gesetz besagt, dass all jene, die ab 1. Juni 2016 Asyl bekommen, den Aufenthalt­stitel zuerst nur für drei Jahre erhalten. Dann muss geprüft werden, ob die Asylgründe noch aufrecht sind (was in der Folge einen unbefriste­ten Aufenthalt begründet) oder ob sie weggefalle­n sind (was in ein Aberkennun­gsverfahre­n mündet).

Seit 1. Juni dieses Jahres sind die drei Jahre um. In der Praxis wird laut Innenminis­terium aber seit 2016 jährlich überprüft, wie sich die Sicherheit­slage in den Heimatländ­ern der Flüchtling­e entwickelt. Eine Aberkennun­g ist also jederzeit möglich und nicht erst nach drei Jahren – sofern sich die Lage im Heimatland dauerhaft verbessert hat. Tatsache ist auch: Durch den massiven Rückgang der Asylanträg­e hat das BFA deutlich mehr Zeit und Ressourcen für diese Überprüfun­gen.

Gestiegen ist die Zahl jener Menschen, die freiwillig in ihre Heimat zurückkehr­ten. Waren es im Vorjahr insgesamt 5665 Personen, verließen im ersten Halbjahr 2019 bereits 3342 Österreich freiwillig (plus 18 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018) – darunter übrigens auch 56 syrische Staatsbürg­er (2018: 137).

In der Gesamtscha­u zeigt sich, dass seit Jänner 6844 Menschen außer Landes gebracht wurden, 51 Prozent von ihnen zwangsweis­e. Darunter waren 759 sogenannte Dublin-Überstellu­ngen in jene EU-Länder, die für ihre Verfahren zuständig sind. Abgeschobe­n wurden 2743 Personen, was laut Ministeriu­m einem Plus von 28 Prozent entspricht. Bei den Abgeschobe­nen handelte es sich aber nicht nur um Drittstaat­sangehörig­e, sondern zu einem Viertel um EU-Bürger. 43 Prozent der Abgeschobe­nen waren laut Ministeriu­m verurteilt­e Straftäter.

Und der Familienna­chzug? Die Zahl der Anträge ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 fast um die Hälfte gesunken (41 Prozent, 786 Anträge), die Zahl der bewilligte­n Einreisen ebenso stark (minus 43 Prozent).

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BILD: SN/FRANZ NEUMAYR Die Fremdenpol­izei schaut viel genauer hin.

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