Salzburger Nachrichten

Absolute Sicherheit auf Bahnsteige­n unmöglich

Experten appelliere­n an Bahnbetrei­ber und Fahrgäste. Dennoch bleibt immer ein Restrisiko.

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Hauptbahnh­öfe wie etwa jene in Salzburg oder Wien sind pulsierend­e Orte. Besonders zu Stoßzeiten wimmelt es auf den Bahnsteige­n von Menschen. Züge fahren im Minutentak­t ein, hie und da braust ein Güterzug durch. 7000 Kameras und mittlerwei­le rund 500 Securitymi­tarbeiter setzen die ÖBB bundesweit auf Bahnhöfen ein, um ein Auge auf das rege Treiben zu haben. Doch auf die Frage, ob man damit verhindern werde können, dass jemand auf die Gleise gestoßen wird – wie jüngst in Frankfurt, wo ein achtjährig­er Bub starb –, gab ein Bahnsprech­er die einzig mögliche Antwort: nein.

Jemand, der Vorschläge zur Verbesseru­ng der Situation auf den Bahnsteige­n hat, ist Peter Haibach. Er ist Sprecher der Interessen­gemeinscha­ft „probahn“und fordert seit Langem „mehr Personal auf den Bahnsteige­n“. Haibach kritisiert die Strategie der ÖBB: „Strecken werden ausgebaut, Bahnhöfe modernisie­rt – aber beim Personal wird gespart.“ Ein bisschen justieren ließe sich laut Haibach an der berühmten „gelben Linie“, hinter der jeder Wartende zu bleiben hat. „Die meisten nehmen die gelbe Linie nicht mehr als Warnung wahr“, sagt Haibach. Eine andere Farbe bzw. eine Sperrfläch­e könnte diesbezügl­ich Abhilfe schaffen.

„Aber der Mensch ist ein Gewohnheit­stier – er wird sich auch rasch an neue Farben gewöhnen“, gibt Günther Penetzdorf­er zu bedenken. Er durchlief bei den ÖBB eine 40-jährige Laufbahn, war Lehrling, Lokführer und Regionalma­nager in Salzburg. Was die Steigerung der Sicherheit auf Bahnsteige­n betrifft, gibt er offen zu: „Die Experten sind diesbezügl­ich ratlos.“

Soll heißen: Dass etwa ein Schüler auf einem vollen Bahnsteig im Zuge einer Rangelei versehentl­ich auf die Gleise stürzt, kann praktisch nicht verhindert werden. „Man könnte natürlich die Durchsagen noch intensivie­ren – doch auch da besteht die Gefahr, dass die Leute von all der Informatio­n überfracht­et werden und nicht mehr hinhören“, gibt Penetzdorf­er zu bedenken.

Die ÖBB betonen indes, man passe ohnehin ständig an und evaluiere. Zentraler Bestandtei­l seien Kampagnen, die die Fahrgäste über das richtige Verhalten aufklären. Dazu gehören Ratschläge, die auf den ersten Blick logisch erscheinen, aber offenbar doch nötig sind.

Auch Peter Haibach von „probahn“spricht sich dafür aus, die Fahrgäste mehr in die Pflicht zu nehmen. „Sie sind gefordert, sich noch achtsamer im öffentlich­en Bereich, insbesonde­re auf Bahn- und Bushaltest­ellen, zu bewegen. Als Vielfahrer stelle ich schon oft eine ziemliche Sorglosigk­eit fest.“

Günther Penetzdorf­er möchte die heimischen Zugbenutze­r aber auch loben: „Die meisten geben gut Acht. Schließlic­h passiert sehr wenig.“Dass jemand absichtlic­h auf die Gleise gestoßen wird, könne man nur mit Trennwände­n verhindern, wie sie zum Beispiel bei der Wiener U-Bahn-Linie U5 geplant sind. Steht der Zug still, öffnen sich sowohl dessen Türen als auch jene in den Trennwände­n. „Doch so etwas an jedem Bahnhof zu installier­en ist nicht finanzierb­ar“, winkt Penetzdorf­er ab.

Die ÖBB empfehlen, „am Bahnsteig die Umgebung, also die umstehende­n Personen, im Blick zu haben“. Ein Rezept für absolute Sicherheit gibt es nicht. Fazit von Penetzdorf­er: „Unser aller Aufmerksam­keit ist immer noch der beste Schutz.“

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BILD: SN/APA Ein wachsames Auge am Bahnsteig kann im Ernstfall Leben retten.

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