Der Apfel fällt teils weit vom Stamm
In Österreich wachsen mehr Äpfel, als wir essen. Und doch findet man Bioäpfel aus Argentinien und Saft aus China. Ein Ausweg lautet: Streuobst.
SALZBURG. Der Ärger unter heimischen Biobauern ist groß. Im Kampf gegen den geplanten Handelspakt Mercosur mit südamerikanischen Staaten hat sich der Spar-Konzern erst jüngst an vorderster Front positioniert. „Und gleichzeitig liegen Äpfel aus Argentinien im Obstregal, noch dazu Bioäpfel“, beklagt ein oberösterreichischer Biolandwirt. Nicht nur der weite Transport sei ein Wahnsinn. „Auch die Vorschriften für Bio sind dort vollkommen andere als bei uns.“
Spar-Sprecherin Nicole Berkmann relativiert: „95 Prozent der Äpfel, die wir verkaufen, kommen in einem Jahr mit guter Ernte aus Österreich. Nur wenn es so wie derzeit vor der neuen Ernte Engpässe gibt oder manche Sorten nicht aus Österreich erhältlich sind, machen wir eine Ausnahme.“Und man habe Qualitätsansprüche, die nach langer Lagerung der Äpfel teils nicht mehr erfüllt würden.
Dass es Engpässe gibt, dementiert die Landwirtschaft. „Durch neue Lagertechnik ist es längst möglich, Äpfel ein Jahr lang frisch zu halten“, sagt Obstexperte Heimo Strebl von der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Nicht nur kühl, sondern auch bei richtiger Luftfeuchtigkeit und Sauerstoffanteil werde da gelagert. Und: Österreich produziere weit mehr Äpfel als verbraucht würden. „Mehr als die Hälfte müssen wir exportieren.“
Das belegen auch die Zahlen der Statistik Austria. 216.000 Tonnen Äpfel wurden im Vorjahr (einem guten Apfeljahr) in Österreich geerntet. Zugleich wurden über 100.000 Tonnen importiert. Hier freilich geht vieles auch in Industrie und Pressung. Doch auch frische Speiseäpfel werden in durchwegs großen Mengen importiert. Und hier liege Chile nach Deutschland und Italien wertmäßig bereits auf Platz drei, sagt Tamara Schmidt von der Statistik Austria. Mehr als 1200 Tonnen Speiseäpfel kamen im Vorjahr aus Chile. Ab Platz sechs folgen Südafrika, Neuseeland und Argentinien. Bei Mostäpfeln dagegen kommt ein Großteil aus Tschechien, Deutschland, Ungarn oder der Ukraine.
Gar nicht in den Zahlen beinhaltet ist der Import von Apfelsaftkonzentrat. Hier hat sich China zum weltweit größten Produzenten gemausert. „Allerdings schmeckt das von dort sehr süße Konzentrat den Europäern nicht“, sagt Obstexperte Strebl. Konzentrate würden daher häufig gemischt. Eine Untersuchung des Vereins für Konsumenteninformation – allerdings aus 2015 – hat ergeben, dass bei der Hälfte der getesteten 20 Säfte im Handel die Äpfel teils oder vollständig aus dem Ausland waren. Selbst rot-weiß-rote Fahnen würden oft nur auf die Abfüllung in Österreich hinweisen. „Neuere Daten haben wir nicht“, heißt es vom VKI. Gerade wenn es um Äpfel für Saft gehe, rentiere sich in Österreich oft nicht einmal mehr das Aufklauben, sagt Strebl. An die 30 Cent bekomme ein Bauer für ein Kilo Speiseäpfel, wenn er nicht selbst auch die Lagerung bezahle. Oft nur vier bis sechs Cent seien es beim nur fürs Pressen geeigneten Streuobst. Einen Ausweg sucht derzeit die Arge Streuobst. Ähnlich wie bei Heumilch versuche man hier durch den Namen auf Vorteile hinzuweisen, ob durch heimische Produktion, ökologische Aspekte oder landschaftliche Schönheit. „Streuobstwiesen prägen unsere Kulturlandschaft“, betont Strebl. Würde das Obst weggeschmissen, weil allein das Klauben zu teuer sei, sei das Verschwendung. Einen Mindestpreis von 20 Cent pro Kilo für den Bauern versuche man umzusetzen – und die Produkte etwa als Streuobstsaft zu vermarkten.
„Für Saft zahlt sich Klauben kaum aus.“