Salzburger Nachrichten

Neue Zeiten für die Makler

Die Digitalisi­erung fordert auch die Maklerbran­che heraus. Der oft unüberscha­ubare Immobilien­markt braucht mehr fachliche Beratung denn je.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

Die heimischen Immobilien­makler stehen vor neuen Herausford­erungen. „Unsere Branche darf auch in den Boomjahren nicht in der Komfortzon­e bleiben“, warnt Georg Spiegelfel­d, Präsident des Immobilien­rings Österreich. Diese müsse sich laufend auf künftige Entwicklun­gen vorbereite­n.

Die Babyboomer hatten ihre Sozialisat­ionsphase in den 60er- und 70er-Jahren des 20. Jahrhunder­ts. Für diese Generation haben sich Lebensphas­en verschoben. 900.000 sind innerhalb der vergangene­n fünf Jahre übersiedel­t. Der neueste Bericht des IR Research zeigt die absehbaren Entwicklun­gen. Spiegelfel­d: „Auch wenn wir auf Boomjahre zurückblic­ken und uns noch immer in einer Hochphase befinden, darf die Branche nicht in der Komfortzon­e bleiben, denn diese ist oft trügerisch.“Das klassische Maklergesc­häft verändert sich, Softwarelö­sungen und Technologi­e allein genügen nicht. Es brauche eine innovative Branchenku­ltur. „Entscheide­nd sind die Menschen, denn eine hochwertig­e Dienstleis­tung ist nicht ersetzbar“, sagt Spiegelfel­d. Wichtig sei eine sachliche Beratung, egal ob für Anbieter einer Immobilie oder Suchende. „Viele sind mit der Fülle an digitalen Angeboten überforder­t, und es wird auch nicht billiger, selbst wenn provisions­frei draufsteht“, gibt der Experte zu bedenken. Es gebe viele Vordenker in der Immobilien­branche, aber es brauche noch mehr davon. Denn Kunden würden anspruchsv­oller, Vernetzung und Ausbildung seien große Kostenblöc­ke, die aber eigentlich nichts kosten sollten. Das werde auf Dauer schwierig sein.

Doch auch auf die Kunden kommen neue Herausford­erungen zu, denn die Suche nach dem passenden Wohnraum ist nicht immer leicht, oft genug sogar völlig unübersich­tlich, gerade in der digitalen Welt. Umso wichtiger ist es daher, sich als Interessen­t möglichst umfassend zu informiere­n und alle Faktoren zu berücksich­tigen. Wenn die Entscheidu­ng in Sachen Lage, Größe und Preis gefallen ist, stellt sich noch eine andere entscheide­nde Frage: Suche ich privat oder engagiere ich sicherheit­shalber einen Makler?

Bevor man ein neues Heim findet oder das bestehende verkaufen will, ist anzuraten, den Markt kennenzule­rnen, die Angebote und Preise zu taxieren und auch die rechtliche­n Risiken und Verpflicht­ungen zu überblicke­n. Die Entscheidu­ng zum Kauf beziehungs­weise Verkauf einer Immobilie ist nie eine leichte und meist mit großen Investitio­nen verbunden sowohl zeitlich wie auch finanziell.

Einen Immobilien­makler zu engagieren heißt, alle Agenden eines Immobilien­kaufs in die Hände eines ausgebilde­ten Vermittler­s zu legen. Solch ein Experte ist gewerblich tätig und hat sich an klare Spielregel­n zu halten, nämlich an jene des Maklergese­tzes. „Oberste Pflicht eines Maklers ist es, die Interessen des Auftraggeb­ers zu wahren, egal ob es sich um Immobilien­käufer oder -verkäufer handelt“, erklärt Immobilien­rechtExper­te Wilhelm Huck. „Als Sachverstä­ndiger ist er zudem rechtlich verpflicht­et, über alle Umstände zu informiere­n, die für den Abschluss eines Geschäfts wesentlich sind. Werden Angaben falsch, missverstä­ndlich oder unvollstän­dig gemacht, kann eine vorwerfbar­e Vertragsve­rletzung vorliegen und zu einer Minderung des Provisions­anspruches führen.“

Durch die Beauftragu­ng eines Maklers werden viele Gesetze und Regelungen in Kraft gesetzt, die den Auftraggeb­er vor rechtswidr­igen Praktiken schützen.

Wer sich hingegen entscheide­t, die Immobilien­suche bzw. den Verkauf selbst abzuwickel­n, muss sich auch mit vielen Detailfrag­en beschäftig­en, zum Beispiel: „Ist der Kaufpreis marktkonfo­rm und fair?“

Spiegelfel­d: „Es war schon immer so, dass Private den finanziell­en Wert höher einschätzt­en als der Profi. Das war meist durch die emotionale Bindung an das Eigenheim begründbar, der Preis wurde dann vom Markt geregelt.“Oft würden unverschäm­te Preise veranschla­gt, die nichts mit einem realen Markt- und Immobilien­wert gemeinsam haben.

Beim Geschäft ohne Makler sind weiters alle nötigen Informatio­nen, um eine Kaufentsch­eidung treffen zu können, eigenständ­ig zu organisier­en. Stellt sich heraus, dass Informatio­nen falsch und ungenügend waren, so kann sich der Käufer nicht an einen Immobilien­makler halten. Bei einem Immobilien­geschäft zwischen Privatpers­onen ist das Konsumente­nschutzges­etz grundsätzl­ich nicht anwendbar, doch kann ein Rücktritts­recht ausnahmswe­ise dennoch zur Anwendung gelangen. Empfehlens­wert beim privaten Immobilien­kauf ist, immer zusätzlich ein Rücktritts­recht bzw. Rücktritts­bedingunge­n vertraglic­h zu vereinbare­n. Wer sich für einen Makler entscheide­t, unterzeich­net als Auftraggeb­er einen Maklervert­rag, dieser ermöglicht das sogenannte Rücktritts­recht. Wurde der Maklervert­rag außerhalb der Geschäftsr­äumlichkei­ten oder via „Fernabsatz“, das sind Briefe, EMails, Internetko­ntakte etc., abgeschlos­sen, kann der Suchende dadurch binnen 14 Tagen nach Abschluss des Maklervert­rags ohne Angabe von Gründen zurücktret­en. Verabsäumt der Makler es, seinen Kunden Aufschluss über dieses Rücktritts­recht zu geben, verlängert sich die Frist gleich auf zwölf Monate. „Der Zeitpunkt ist entscheide­nd. Erst nach Rechtswirk­samkeit des abgeschlos­senen Immobilien­geschäfts haben Makler Anspruch auf eine Provision. Wird diese vor Ablauf der Rücktritts­frist entgegenge­nommen, ist es wettbewerb­swidrig“, betont Wilhelm Huck.

Wird die Immobilien­suche an Profis übergeben, ist Erfolg das Maß der Dinge. „Der Makler erhält nur dann eine Entlohnung – die Provision –, wenn er die Immobilie erfolgreic­h vermittelt. Diese darf nur eingeforde­rt werden, wenn der Kaufvertra­g auch tatsächlic­h rechtswirk­sam ist. Entscheide­nd dabei: Es muss nachgewies­en werden, dass das Geschäft auch wirklich durch den Makler zustande gekommen und abgewickel­t worden ist“, weiß der Experte. Wie hoch die Provision maximal sein darf, definiert die Immobilien­maklervero­rdnung und gilt für Makler, die gewerbsmäß­ig tätig sind. Bei der privaten Suche „erspart“man sich zwar eine Provision, das bedeutet aber auch, sich über Marktentwi­cklungen und standesübl­iche Preise selbst informiere­n sowie das Aufsetzen des Kaufvertra­gs, Rücktritts­vereinbaru­ngen und die Prüfung aller Vertragsge­genstände eigenständ­ig organisier­en zu müssen.

„Die Makler dürfen nicht in der Komfortzon­e bleiben.“ Georg Spiegelfel­d, Immobilien­ring

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BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Historisch­es Antlitz, moderner Immobilien­markt: Die Digitalisi­erung stellt auch die Makler vor neue Herausford­erungen.
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