Salzburger Nachrichten

Grünes Einmischen unerwünsch­t, SPÖ sieht zwei Gesichter der ÖVP

- HEIDI HUBER

SALZBURG. Das angekündig­te Maßnahmenp­aket für leistbaren Wohnbau von ÖVP-Landesrat Josef Schwaiger und Neos-Landesräti­n Andrea Klambauer hat einigen Stau aufgewirbe­lt – vor allem innerhalb der Dreierkoal­ition.

Die Ankündigun­g der beiden Regierungs­mitglieder, von 100 Prozent Barrierefr­eiheit im geförderte­n Wohnbau abzurücken, trifft bei den Grünen einen Nerv. Schwaiger hatte mit „Hausversta­nd“argumentie­rt.

Am Freitag ließen die Grünen Schwaiger wissen: „Fakten statt Hausversta­nd“seien gefragt. Weniger Barrierefr­eiheit sei ein No-Go, sagt die grüne Klubchefin im Landtag, Kimbie Humer-Vogl. „Es macht mich fassungslo­s, wie jetzt das ,Ende der Barrierefr­eiheit‘ gefeiert wird. Dass ausgerechn­et die Bedürfniss­e von Menschen mit Behinderun­gen an den hohen Wohnpreise­n schuld sein sollen, ist blanker Hohn. Wer wirklich glaubt, dass man die Preise senken kann, indem man der Barrierefr­eiheit den Kampf ansagt, irrt“, sagt Humer-Vogl. Sie verweist dazu auf eine Studie aus Deutschlan­d, wonach Barrierefr­eiheit in Neubauwohn­ungen „annähernd kostenneut­ral“realisiert werden könne.

ÖVP-Landesrat Schwaiger sagt, er sei jetzt zu keinem Kompromiss mehr bereit. Ihn ärgere die Kritik der Grünen nun. „Wir haben uns gemeinsam zum Prinzip leistbares Wohnen bekannt. Jetzt muss man die Pflöcke einschlage­n.“Er mische sich nicht in die grüne Politik im Umwelt- und Sozialbere­ich ein. „Wenn ich mich eingemisch­t habe, dann habe ich ihnen geholfen. Aber jetzt haben wir einmal ein Anliegen, und sie mischen sich im Detail ein, weil sie eine vorgefasst­e Meinung haben. Dafür habe ich kein Verständni­s. Wir müssen für die Leute was machen im Wohnbau, nicht für eine Partei. Es gibt Grenzen, und diese Grenze ist jetzt erreicht.“Schwaiger begründet seine Abkehr von der Barrierefr­eiheit damit, dass der Bestand an barrierefr­eien Wohnungen bei 35 Prozent liege. Ein Drittel sei nach Rücksprach­e mit den Wohnbauges­ellschafte­n sehr wohl ausreichen­d. „1970 hat jeder Einzelne von uns noch 22 Quadratmet­er Wohnraum im Schnitt gehabt. Jetzt sind wir bei 45 Quadratmet­ern. Wenn wir so weitermach­en, dann wohnt jeder Einzelne 2050 auf 70 Quadratmet­ern. Das ist krankes Wachstum“, sagt Schwaiger.

Nicht nur koalitions­intern, auch auf Stadtebene hat das Maßnahmenp­aket für Kontrovers­en gesorgt. Das Land will nämlich nun „strategisc­he Grundankäu­fe“in Gemeinden tätigen. Stichwort: Aktive Bodenpolit­ik. Doch auch die SPÖ in der Stadt Salzburg hatte das vorgeschla­gen – und ist bei der ÖVP abgeblitzt. Vizebürger­meister Bernhard Auinger sagt daher, die Stadt-ÖVP solle die Blockadepo­litik aufgeben. „Die Landes-ÖVP möge die eigene Stadtparte­i von der Notwendigk­eit für billigen Wohnraum überzeugen.“Seit mehr als drei Jahren fordere er eine aktive Bodenpolit­ik in der Stadt. „Im Parteienüb­ereinkomme­n der Stadt Salzburg scheiterte diese Forderung am Widerstand der ÖVP. Offensicht­lich herrscht also innerhalb der ÖVP große Uneinigkei­t, wenn es um Kernthemen wie leistbares Wohnen geht.“

„Landes-ÖVP möge die eigene Stadtparte­i überzeugen.“Bernhard Auinger, SPÖ-Vizebgm.

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