Das kleine Wahlphabet
Warum es bei uns keine Jungwähler mehr gibt und warum Alfred Gusenbauer für Wahlkampf-ABCs von größter Bedeutung ist.
Auszählung: Ene, mene, muh, Kanzler bist du! Brandstätter: neoliberaler Brandbeschleuniger. Chemtrails: Vergiftungsverschwörung – gehört eigentlich zu oben stehender Geschichte. Dirty Campaigning: Schmutzkübelwahlkampf, der sich gewaschen hat. Ermittlungsverfahren, 1., 2. und 3.: längst obligate 1. polizeiliche, 2. staatsanwaltschaftliche und 3. richterliche Erhebungen nach ausufernden Schmutzkübelwahlkämpfen. Festplatte: Wahlkampfthema, wenn man sonst gar keines hat. Geheime Wahlen: Wahlen waren früher oft so geheim, dass keiner davon wusste, keiner hinging und Herrscher die Opposition gleich in die ungenutzten Wahlzellen sperren konnten. Hyperventilation: finaler Wahlkampfmodus. Immunität gegen Misstrauensvoten: Gibt’s nur in Diktaturen oder wenn man Kickl behält. Jungwähler: gibt’s nur in Deutschland – in Österreich nicht mehr. Im Bundestag sitzen Andreas, Christian und Ingmar Jung. FPÖ-Mandatar Wolfgang Jung ist längst Rechts-Geschichte. Kosten: Wer jemals vom süßen Füllhorn der heimischen Parteienförderung kosten durfte, will die Ösi-Politik nie mehr verlassen. Legislaturperiode: politische Zeitrafferquetschung, die dazu führt, dass Wählern fünf festgeschriebene Jahre vorkommen wie eineinhalb. Misstrauensantrag: Kurzschluss. Nehammer: natürlich ergraute Form eines Polit-Holzhammers – gibt es in allen Parteien. Opposition: konnte seit 2017 keiner – außer Peter Pilz, und der konnte es auch nicht. Paris: war im klassischen Wahldilemma zwischen Hera, Athene und Aphrodite. Keine wurde die Seine – obwohl sich seitdem das hartnäckige Gerücht hält, Paris liege an der Seine. Quereinsteiger: geht meistens total schief – etwa wenn Wirtschaftsminister ohne Lehramtsstudium Lehrer an einer HAK werden. Regierungsbank: Geldinstitut, bei dem unsere Minister die Staatsschulden aufnehmen. Stimmenthaltung: klingt viel nobler als „erschreckend niedrige Wahlbeteiligung“. TV-Duell. Lieber als Beate Meinl-Reisinger und Norbert Hofer um 20.15 – „Zwölf Uhr mittags“mit Grace Kelly und Gary Cooper. Urne: über Jahrtausende war es so, dass das Volk nur ein Mal im Leben zur Urne gerufen wurde – und da waren die Leute regelmäßig so tot, dass sie vorher quer über den Friedhof getragen werden mussten. Vier-Prozent-Hürde: Regelung zur Verhinderung ungesunderweise aufgewärmter Pilze. Wahlversprechen: Leerfloskel mit Ablaufdatum Wahlabend 24.00 Uhr. X: Kreuzerl, machen Sie es, wo sie wollen! Ybbs: einziger Vorteil Gusenbauers. Während seiner Kanzlerschaft hatte man bei Polit-ABCs nie Probleme mit dem blöden Y. Zweitstimme: hätte manch junger Altpolitiker mit sich zu oft überschlagender Stimme gern.