16-Jähriger brennt für Klimaschutz
Der Gymnasiast David Kranewitter aus Anthering geht seit einem halben Jahr Freitag für Freitag auf die Straße. Was er tut, um das Klima zu retten, und was er als Bürgermeister sofort umsetzen würde.
Zwei Schwestern aus Radstadt riefen im Februar nach dem Vorbild der schwedischen Schülerin Greta Thunberg den ersten Salzburger Schulstreik fürs Klima ins Leben. Seither marschiert auch David Kranewitter mit. Der Schüler aus dem BG Zaunergasse gehört zum engen Kreis der Aktivisten der „Fridays for Future“-Bewegung und ist Mitglied der Koordinationsgruppe.
SN: Macht der Schulstreik fürs Klima in den Sommerferien Pause?
Kranewitter: Wir machen auch in den Ferien weiter und treffen uns nach wie vor jeden Freitag um 11.55 Uhr auf dem Alten Markt.
SN: Womit der Vorwurf der Kritiker entkräftet wäre, dass die Demonstranten nur nach einem Vorwand suchen, um die Schule zu schwänzen.
Genau. Damit möchten wir zeigen, dass uns der Klimaschutz persönlich wichtig ist.
SN: Wie viele Mitstreiter kommen derzeit jeden Freitag auf den Alten Markt?
Viele sind in den Ferien auf Urlaub, meistens sind wir aber trotzdem 50 bis 100 Leute. Durch unsere zwei WhatsApp-Gruppen sind 300 Leute vernetzt, auf Instagram folgen uns mehr als 2100 Leute.
SN: Seit wann schlägt dein Herz für den Klimaschutz?
Ich habe vor gut einem Jahr begonnen, mich aktiv mit dem Thema zu beschäftigen. Ich informiere mich über das Internet und Zeitungen. In der Schule kommt das Thema zu kurz. Als Greta Thunberg mit dem Streik fürs Klima begonnen hat, habe ich mich gefreut, dass endlich jemand aufsteht.
SN: Hast du deinen Lebensstil seit Beginn der Salzburger Schulstreiks verändert?
Ich habe schon vorher versucht, Plastik zu vermeiden und mehr mit dem Rad zu fahren, als mich im Auto kutschieren zu lassen. Ich benütze oft die Lokalbahn. Am Hauptbahnhof in Salzburg habe ich fix ein Rad geparkt, mit dem ich in der Stadt unterwegs bin. Seit ich an den Demos teilnehme, habe ich noch intensiver recherchiert. Man achtet dann automatisch stärker darauf, was man konsumiert und welche Auswirkungen das hat.
SN: Wie kaufst du ein?
Ich verwende keine Plastiksackerl mehr und schaue genau, was in den Einkaufskorb kommt. Ich habe den Fleischkonsum reduziert und versuche, Schritt für Schritt vegetarisch zu leben. Milch holen wir frisch beim Bauern. Würden mehr Konsumenten umdenken und zum Beispiel keine in Plastik verpackten Lebensmittel mehr kaufen, wäre der Handel gezwungen, sich anzupassen. Er müsste auf kürzere Transportwege setzen oder auf andere Verpackungen umsteigen. Durch veränderten Konsum würde sich die ganze Wirtschaft von allein an das anpassen, was gut fürs Klima ist.
SN: Fliegst du heuer auf Urlaub?
Nein. Ich fahre mit meinen Freunden mit dem Zug nach Budapest, dann werden wir mit dem Bus weiterfahren und in Ungarn
campen. Meine Eltern verzichten auch bewusst aufs Fliegen. Sie machen einen Radurlaub in Kärnten.
SN: Wirst du den Führerschein machen?
Ich mache gerade den L17, es ist praktisch, mobil zu sein. Ich würde aber nicht aus reinem Spaß an der Sache Auto fahren. Das nächste Auto bei uns in der Familie wird ein Elektro- oder Wasserstoffauto sein.
SN: Ticken deine Geschwister ähnlich wie du?
Ich habe zwei ältere Schwestern, sie engagieren sich nicht so stark für den Klimaschutz wie ich. Die älteste Schwester studiert in Innsbruck. Bei der weltweiten Klimademo am 15. März hat sie mich angerufen und gesagt, dass sie sich durch mich inspiriert gefühlt hat, daran teilzunehmen.
SN: Wirst du von Mitschülern wegen deines Engagements auch belächelt?
Ja, auf einige trifft das zu. Das ist mir aber egal. Ich weiß, was ich mache und wofür.
SN: Planst du, dich auch politisch zu engagieren, um etwas zu verändern?
Derzeit nicht. Aber in einigen Jahren kann ich mir das vorstellen.
SN: Welche Klimasünde stört dich am meisten?
Wenn jemand aus Bequemlichkeit wider besseres Wissen dem Klima schadet. Mich stört, dass sich viele gar nicht auskennen und trotzdem schlechtmachen, wofür wir demonstrieren. Sie sollten sich zuerst informieren, anstatt sich über uns aufzuregen.
SN: Was haben die Schüler mit den Demos in Salzburg bisher erreicht?
Wir schaffen Bewusstsein. Nicht alle Parteien unterstützen uns, aber der Bundespräsident hat unserer Bewegung seine Unterstützung ausgesprochen. Wir bemühen uns gerade, dass in Österreich der Klimanotstand ausgerufen wird und bei allen weiteren politischen Entscheidungen die Auswirkungen aufs Klima berücksichtigt werden.
SN: Die Grünen sind mit diesem Ansinnen kürzlich im Salzburger Gemeinderat abgeblitzt.
Wir können nichts anderes tun, als weiterhin auf die Straße zu gehen. Wir müssen zeigen, dass in Salzburg viele junge Menschen hinter der Bewegung stehen. Bei den Demos bleiben viele Passanten stehen und klatschen.
SN: Die Stadt Salzburg erstickt im Verkehr. Angenommen du wärst Bürgermeister, welche Maßnahmen würdest du sofort umsetzen?
Ich würde auf jeden Fall den öffentlichen Verkehr ausbauen und die Pkw zurückdrängen. Sobald der öffentliche Verkehr ausreichend ausgebaut und gratis für alle ist, würde ich den Verkehr in der Innenstadt für Autos, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, einschränken. Gratis-Öffis sind nicht unrealistisch, wenn man hohe Steuern auf Kerosin, Benzin und Diesel einhebt und in den öffentlichen Verkehr steckt. Das Thema gehört viel stärker unter die Leute gebracht. Alle Gesetze gehören überarbeitet, um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen.
SN: Wenn du daran denkst, in welcher Welt du in 20, 30 Jahren leben wirst, überwiegen Zuversicht und Hoffnung oder Angst und Sorge?
Ich glaube schon, dass sich etwas zum Besseren verändern wird. Aber egal was passiert, ich kann dann für mich sagen: „Ich habe das getan, was ich für richtig gehalten habe, und ich habe mich dafür eingesetzt.“Vielen ist nicht klar, wie schlecht es tatsächlich ums Klima bestellt ist. Wenn wir weitermachen wie bisher, beginnt in elf Jahren ein unumkehrbarer Teufelskreis. Wenn man weiß, dass die Uhr tickt, aber nichts tut – das verstehe ich nicht.
SN: Beim Electric Love Festival ließen die großteils jungen Besucher mehr als hundert Tonnen Müll zurück, wie passt das zusammen?
Es ist extrem, wie viel Müll da liegen gelassen wurde. Ich verstehe nicht, dass man ein Zelt einfach stehen lässt. Man kann das aber nicht verallgemeinern. Nicht alle Jugendlichen sind so.
SN: Wie lang werdet ihr noch streiken?
Wir machen jede Woche weiter, bis endlich Schritte gesetzt werden, um das 1,5-Grad-Ziel und globale Klimagerechtigkeit zu erreichen.
SN: Möchtest du einen Appell an die SN-Leser richten?
Ich möchte den weltweiten Earth Strike am 27. September erwähnen. Das ist der nächste große Streik, der nicht nur von Fridays for Future, sondern auch von vielen anderen Organisationen mitgetragen wird. Ich würde mich freuen, wenn viele neue Leute zu uns stoßen und mitmarschieren.
Machen wir so weiter, beginnt 2030 ein unumkehrbarer Teufelskreis.