Wohin mit all den Retouren?
Fast jede zweite online gekaufte Ware wird zurückgeschickt. Doch was passiert damit?
Fast jede zweite online gekaufte Ware wird zurückgeschickt. Was passiert damit?
SALZBURG. Für viele ist es längst Alltag: fünf Paar Schuhe in verschiedenen Größen und Farben zu bestellen und vier davon zurückzuschicken. In Österreich werden laut Daten der KMU Forschung Austria 41 Prozent der online gekauften Waren retourniert – im Schnitt. Während nur sechs Prozent Bücher zurückgeschickt werden, geht bei Kleidung die Hälfte retour.
Was das an Umweltverschmutzung und Kosten verursacht, hat für Deutschland die Universität Bamberg errechnet: 532 Bestellungen würden pro Minute retourniert, 238.000 Tonnen CO2-Ausstoß bedeute das im Jahr, das entspreche 2200 Autofahrten von Hamburg nach Moskau täglich. Und: Vier Prozent aller Retourware würden vernichtet.
Grund genug für die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), dem Onlinehandel das Vernichten neuwertiger Ware verbieten zu wollen. Durch eine „Obhutspflicht“, Waren gebrauchstauglich zu halten, aber auch mehr Transparenz: Händler sollten offenlegen müssen, wie viel retour geht und was damit passiert. Zuletzt hatten Berichte für Empörung gesorgt, wonach Amazon im großen Stil neuwertige Retourware vernichtet.
Valide Daten dazu gibt es nicht, auch nicht in Österreich. „Natürlich hat der – von ausländischen Großkonzernen beherrschte – Onlinehandel den Kunden dahin erzogen, wahllos zu bestellen und viel zurückzuschicken“, sagt Handelsverbandschef Rainer Will. Gesetzlich verpflichtet ist der Händler nur, bei Onlinekauf 14 Tage die Ware auch ohne Angabe von Gründen zurückzunehmen. Wer den Transport zahle, sei nicht geregelt. Da es bei Onlinegiganten Teil des Geschäftsmodells sei, Retouren gratis zu bieten, kämen heimische Anbieter kaum umhin. „Fakt ist aber, dass von heimischen Onlinehändlern so gut wie keine Ware vernichtet wird“, sagt Will. Und dass der heimische Handel alles tue, um Retouren gering zu halten, von genaueren Produktangaben bis zu besserer Größenauswahl durch Bodyscan.
35 Prozent Retourquote verzeichnet Österreichs größter Onlinehändler Unito (Otto, Quelle, Universal). Bei Möbeln und Technik sei es weniger, bei Mode mehr. Allerdings, so Sprecher Jürgen Pock: 98 Prozent würden aufbereitet und verkauft. Textilaufbereitung koste einen Euro pro Stück. Nur wenig werde abverkauft oder kaputte Ware vernichtet.
Im heimischen Umweltministerium gibt es bis dato keine Überlegungen, gesetzlich einzugreifen. Ob das Abfallwirtschaftsgesetz ausreichend Grundlage dafür biete, sei zudem zu bezweifeln, heißt es auf Anfrage. Dagegen spricht sich auch die Wirtschaftskammer aus.
Lukas Hammer, Spitzenkandidat der Wiener Grünen, erwartet Initiativen auf EU-Ebene zum Thema Vernichtung von Retourwaren. Im EU-Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft findet sich bisher nichts dazu. Zunächst wäre Transparenz nötig, wer was vernichtet, so der frühere Greenpeace-Mitarbeiter. Dann könnte ein Gebot überlegt werden, die Waren weiterzugeben, statt zu vernichten. Der Kern des Problems sei, dass gerade Modeartikel so billig seien, dass es nicht wert sei, sie neu zu verpacken. „Das ist die Perversion der Wegwerfgesellschaft.“