Erster Prozess zu Ibiza-Video
Einer der beschuldigten Produzenten, ein Detektiv, klagt „Die Zeit“in Berlin auf Unterlassung. Das Urteil dürfte massive Auswirkungen auf die Medienberichterstattung in Österreich haben.
Im Landgericht Berlin wird heute, Donnerstag, um 12 Uhr darüber entschieden, wie und ob deutsche und österreichische Medien in Zukunft über die Ibiza-Affäre berichten dürfen. Einer von vier Verdächtigen, die das für Ex-FPÖChef Heinz-Christian Strache verhängnisvolle Video eingefädelt und gedreht haben sollen, hat die Wochenzeitung „Die Zeit“in einem Medienverfahren auf Unterlassung geklagt. Als Streitwert wurden 200.000 Euro vorgeschlagen. Wie berichtet ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen einen Wiener Rechtsanwalt und drei für Sicherheitsfirmen tätige Personen.
Einer von ihnen, ein früherer Detektiv mit österreichischen Wurzeln und Wohnsitz in Deutschland, wirft dem Verlag vor, im Artikel „Ramin und die Detektive“vom 4. Juli 2019 seien seine Rechte vielfach verletzt worden. So behauptet sein Rechtsanwalt Johannes Eisenberg aus Berlin u. a., sein Mandant dürfe mit Verdachtsberichterstattung nicht in Verbindung gebracht werden. Begründung: „In Spanien ist die Herstellung derartiger Aufnahmen nicht strafbar und der international grundrechtlich geschützte Grundsatz ,nulla poena sine lege‘ verbietet daher eine Bestrafung in Österreich.“Zudem liege wegen der sozialen, zeitgeschichtlichen und politischen Bedeutung des IbizaVideos keine Straftat des Antragstellers vor. Schließlich ermittle die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft in großem Umfang wegen illegaler Parteienfinanzierung gegen FPÖ, aber auch gegen SPÖ und ÖVP.
„Wir sehen also, in Österreich herrschen Verhältnisse wie in der alten Bundesrepublik vor dem ersten großen Parteispendenskandal in den frühen 80er-Jahren mit Wäschekörben voller Geld und ...“, schreibt Eisenberg in seinem Antrag auf einstweilige Verfügung gegen „Die Zeit“. Und weiter: „Dies aufzuklären war eine hervorragende Leistung und verdient jegliche Anerkennung, nicht aber eine Bestrafung.“ Zudem sei es in Spanien weit verbreitet, zum Zwecke der Beweissicherung Gespräche aufzuzeichnen und zu verwerten.
Der Verdacht auf Missbrauch von Abhörgeräten wird auch deshalb in Abrede gestellt, weil der Detektiv als Berater der vermeintlichen Oligarchin auf dem Video zu sehen ist. „Die Aufzeichnung von Gesprächen, an denen der Aufzeichnende selbst beteiligt ist, stellt in Spanien keine Straftat dar, daher kann auch das Aufzeichnen des Gesprächs in Österreich nicht bestraft werden. Nach den Maßstäben des WallraffUrteils hat derjenige, der diese Aufnahmen gefertigt hat, Schutz nach den Grundsätzen des Rechtes auf freie Meinungsäußerung“, argumentiert Eisenberg. Er will zudem verbieten lassen, dass über seinen Mandanten im Zusammenhang mit Drogenhandel und einer mutmaßlichen Festnahme berichtet werde.
„Die Zeit“-Anwalt Jörg Nabert in Hamburg fordert, den Unterlassungsantrag kostenpflichtig abzuweisen. „Der Antragsteller vertritt die Auffassung, dass die österreichische Justiz fälschlich gegen ihn ermittelt. Diese Auffassung ist ihm unbenommen“, heißt es in der Replik, in der das Thema Drogen umfassend beleuchtet wird: „Die Umstände, die zu den Aussagen im IbizaVideo geführt haben, könnten möglicherweise auf Drogen zurückzuführen sein, die von den Veranstaltern mitgebracht worden sein müssten. Zu diesen Veranstaltern gehört auch der Antragsteller.“Und: „Wenn dieser zuvor schon wegen des Verdachtes aufgefallen ist, Drogenhändler gewesen zu sein, oder er ... in Drogenbanden eingeschleust worden war, dann sind diese Umstände für den vorliegenden Sachverhalt von Bedeutung.“
Sollte die Unterlassungsklage des Detektivs erfolgreich sein, so würde dieses Urteil mit hoher Wahrscheinlichkeit Konsequenzen für die Berichterstattung in Österreich haben.