Chinas Regime will mehr Macht
Auf leisen Sohlen tritt die Volksrepublik China außenpolitisch längst nicht mehr auf. Offensiver denn je formuliert Peking den Anspruch, im gleichen Maße wie die USA das Geschehen auf dem Globus zu beherrschen.
Am Anfang von Donald Trumps Außenpolitik stand eine exemplarische Fehlentscheidung. Der neue US-Präsident kündigte Amerikas Beteiligung an der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) auf. Sein Vorgänger Barack Obama hatte diesen Freihandelspakt ausdrücklich mit der politischen Intention verknüpft, Chinas wachsendem Einfluss in der asiatisch-pazifischen Region entgegenzuwirken.
Inzwischen dämmert es auch der US-Regierung, dass der neue Rivale in Fernost weltpolitisch weitaus größere Ambitionen hat als bisher. Das Ziel Chinas sei „globale Dominanz“, konstatierte etwa John Bolton. Der Nationale Sicherheitsberater verwies darauf, dass es der Volksrepublik bei den Investitionen auf dem Schwarzen Kontinent offenbar darum gehe, sich afrikanische Staaten politisch gefügig zu machen. Bolton steht in den USA mittlerweile an der Spitze einer Bewegung, die den zunehmenden Einfluss Chinas eindämmen soll.
Dass es die etablierte Weltmacht USA immer stärker mit der Konkurrenz der künftigen Weltmacht China zu tun bekommt, ist ein signifikanter weltpolitischer Szenenwechsel. Er hat vor allem drei Gründe:
Erstens ist der Verlust von Amerikas lange unbestrittener Position globaler Stärke Teil eines unvermeidlichen geopolitischen Trends, zu dem nach dem „amerikanischen Jahrhundert“insbesondere der Aufstieg von Mächten wie China und Indien im neuen, asiatisch-pazifischen Jahrhundert gehört.
Zweitens ziehen sich die USA unter Präsident Trump zunehmend aus internationalen Abkommen und aus internationalen Institutionen zurück. Washington verringert auch sein Engagement bei den Vereinten Nationen. China kann in das dadurch entstandene Vakuum vorstoßen.
Drittens tritt die Volksrepublik China außenpolitisch nicht mehr auf leisen Sohlen auf, wie es die Welt jahrzehntelang gewohnt gewesen ist. Peking formuliert unter der Regie von Staats- und Parteichef Xi Jinping vielmehr deutlicher denn je seine globalen Machtansprüche.
Das große Infrastrukturprojekt Neue Seidenstraße habe nichts zu tun mit Geopolitik, also dem Drang nach mehr Macht, versichert zwar das Regime in Peking. Tatsächlich sollen die massiven Investitionen entlang der traditionellen Handelswege auch Chinas politischen Einfluss insbesondere in Eurasien, aber auch weit darüber hinaus steigern. Der von den Chinesen gebaute Hafen in Dschibuti (Afrika), Kasachstan in Zentralasien, Pakistan in Südasien und die Islamische Republik Iran in Nahost sind für China Drehscheiben bei der politischen Strategie, globale Gestaltungsmöglichkeiten zu gewinnen.
Chinas enormes Engagement in Afrika hat Pekings Macht-Methode bereits beleuchtet: Für Kredite und Investitionen erwartet China nicht nur Zugriff auf die Rohstoffe des Kontinents, sondern auch politische Gefolgschaft, etwa bei Abstimmungen in der UNO.
Die Volksrepublik steigert schon seit Jahren ihren Einsatz bei den Vereinten Nationen immer mehr. China stellt inzwischen unter den fünf Ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates die meisten Truppen für friedenserhaltende Missionen. Mit einem Anteil von etwa zehn Prozent ist China nach den USA der zweitgrößte Geldgeber bei diesen Missionen – und des Gesamtbudgets der UNO. Peking baut sukzessive seinen Einfluss in UN-Teilorganisationen aus, zuletzt mit der Übernahme des Chefpostens bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) in Rom.
Beobachter weisen darauf hin, dass es eines der Hauptziele Chinas in der Weltorganisation sei, als Kernprinzip den absoluten Respekt vor der Souveränität jedes Staates zu verankern. Es soll sogar über der Achtung der Menschenrechte stehen. Mit dem Nein zu jeglicher „Einmischung in innere Angelegenheiten“von Staaten ist Peking im Einklang mit anderen Autokratien auf dem Globus. Es möchte damit Kritik an seiner negativen Menschenrechtsbilanz abwehren, die sich an der Unterdrückung in Xinjiang und Tibet, aber auch am rigorosen Umgang mit Dissidenten festmacht.
Konfuzius-Institute sollen weltweit für Pekings Standpunkt werben. China setzt im Ringen mit dem Rivalen USA also auch auf weiche Macht (Soft Power).
Mit Investitionen sammelt Peking politische Gefolgschaft