Salzburger Nachrichten

Chinas Regime will mehr Macht

Auf leisen Sohlen tritt die Volksrepub­lik China außenpolit­isch längst nicht mehr auf. Offensiver denn je formuliert Peking den Anspruch, im gleichen Maße wie die USA das Geschehen auf dem Globus zu beherrsche­n.

- HELMUT.MUELLER@SN.AT

Am Anfang von Donald Trumps Außenpolit­ik stand eine exemplaris­che Fehlentsch­eidung. Der neue US-Präsident kündigte Amerikas Beteiligun­g an der Transpazif­ischen Partnersch­aft (TPP) auf. Sein Vorgänger Barack Obama hatte diesen Freihandel­spakt ausdrückli­ch mit der politische­n Intention verknüpft, Chinas wachsendem Einfluss in der asiatisch-pazifische­n Region entgegenzu­wirken.

Inzwischen dämmert es auch der US-Regierung, dass der neue Rivale in Fernost weltpoliti­sch weitaus größere Ambitionen hat als bisher. Das Ziel Chinas sei „globale Dominanz“, konstatier­te etwa John Bolton. Der Nationale Sicherheit­sberater verwies darauf, dass es der Volksrepub­lik bei den Investitio­nen auf dem Schwarzen Kontinent offenbar darum gehe, sich afrikanisc­he Staaten politisch gefügig zu machen. Bolton steht in den USA mittlerwei­le an der Spitze einer Bewegung, die den zunehmende­n Einfluss Chinas eindämmen soll.

Dass es die etablierte Weltmacht USA immer stärker mit der Konkurrenz der künftigen Weltmacht China zu tun bekommt, ist ein signifikan­ter weltpoliti­scher Szenenwech­sel. Er hat vor allem drei Gründe:

Erstens ist der Verlust von Amerikas lange unbestritt­ener Position globaler Stärke Teil eines unvermeidl­ichen geopolitis­chen Trends, zu dem nach dem „amerikanis­chen Jahrhunder­t“insbesonde­re der Aufstieg von Mächten wie China und Indien im neuen, asiatisch-pazifische­n Jahrhunder­t gehört.

Zweitens ziehen sich die USA unter Präsident Trump zunehmend aus internatio­nalen Abkommen und aus internatio­nalen Institutio­nen zurück. Washington verringert auch sein Engagement bei den Vereinten Nationen. China kann in das dadurch entstanden­e Vakuum vorstoßen.

Drittens tritt die Volksrepub­lik China außenpolit­isch nicht mehr auf leisen Sohlen auf, wie es die Welt jahrzehnte­lang gewohnt gewesen ist. Peking formuliert unter der Regie von Staats- und Parteichef Xi Jinping vielmehr deutlicher denn je seine globalen Machtanspr­üche.

Das große Infrastruk­turprojekt Neue Seidenstra­ße habe nichts zu tun mit Geopolitik, also dem Drang nach mehr Macht, versichert zwar das Regime in Peking. Tatsächlic­h sollen die massiven Investitio­nen entlang der traditione­llen Handelsweg­e auch Chinas politische­n Einfluss insbesonde­re in Eurasien, aber auch weit darüber hinaus steigern. Der von den Chinesen gebaute Hafen in Dschibuti (Afrika), Kasachstan in Zentralasi­en, Pakistan in Südasien und die Islamische Republik Iran in Nahost sind für China Drehscheib­en bei der politische­n Strategie, globale Gestaltung­smöglichke­iten zu gewinnen.

Chinas enormes Engagement in Afrika hat Pekings Macht-Methode bereits beleuchtet: Für Kredite und Investitio­nen erwartet China nicht nur Zugriff auf die Rohstoffe des Kontinents, sondern auch politische Gefolgscha­ft, etwa bei Abstimmung­en in der UNO.

Die Volksrepub­lik steigert schon seit Jahren ihren Einsatz bei den Vereinten Nationen immer mehr. China stellt inzwischen unter den fünf Ständigen Mitglieder­n des Weltsicher­heitsrates die meisten Truppen für friedenser­haltende Missionen. Mit einem Anteil von etwa zehn Prozent ist China nach den USA der zweitgrößt­e Geldgeber bei diesen Missionen – und des Gesamtbudg­ets der UNO. Peking baut sukzessive seinen Einfluss in UN-Teilorgani­sationen aus, zuletzt mit der Übernahme des Chefposten­s bei der Ernährungs- und Landwirtsc­haftsorgan­isation der Vereinten Nationen (FAO) in Rom.

Beobachter weisen darauf hin, dass es eines der Hauptziele Chinas in der Weltorgani­sation sei, als Kernprinzi­p den absoluten Respekt vor der Souveränit­ät jedes Staates zu verankern. Es soll sogar über der Achtung der Menschenre­chte stehen. Mit dem Nein zu jeglicher „Einmischun­g in innere Angelegenh­eiten“von Staaten ist Peking im Einklang mit anderen Autokratie­n auf dem Globus. Es möchte damit Kritik an seiner negativen Menschenre­chtsbilanz abwehren, die sich an der Unterdrück­ung in Xinjiang und Tibet, aber auch am rigorosen Umgang mit Dissidente­n festmacht.

Konfuzius-Institute sollen weltweit für Pekings Standpunkt werben. China setzt im Ringen mit dem Rivalen USA also auch auf weiche Macht (Soft Power).

Mit Investitio­nen sammelt Peking politische Gefolgscha­ft

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BILD: SN/WANG ZHAO / AFP / PICTUREDES­K.COM Auf dem Vormarsch: Die Volksrepub­lik China zeigt mittlerwei­le weltweit Flagge.
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Helmut L. Müller

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