Plötzlich reich, und was nun?
„Der unverhoffte Charme des Geldes“ist Satire mit Märchencharakter.
Natürlich gibt er der alten Dame mit den wirren Haaren ein paar Münzen, natürlich erkundigt er sich beim Straßenzeitungsverkäufer nach dessen Befindlichkeit. Pierre-Paul (gespielt von Alexandre Landry) hat Philosophie studiert, liefert hauptberuflich Pakete aus, und seine Freundin hat mit ihm Schluss gemacht, weil er in ihren Augen keinerlei Ambitionen hat. „Wenn du so intelligent bist, warum bist du kein Bankdirektor?“, schmeißt sie ihm an den Kopf, und er: „Ich bin zu intelligent. Das ist ein Handicap.“Vielleicht hat er recht: Wer intelligent ist und menschlich agiert, kann es nie weit schaffen innerhalb dieses Systems namens Kapitalismus, doch die Armseligkeit und moralische Verkommenheit der Reichen und Erfolgreichen anzuprangern hilft auch nicht beim Bezahlen der Miete. Im Grunde ist Pierre-Paul aber ohnehin zufrieden, abends für Obdachlose zu kochen, und sich sonst in seine Bücher zu vergraben. Dann aber gerät er in einen Überfall, und steht plötzlich da mit zwei Taschen voller Scheine, die offiziell niemandem gehören.
Als Erstes bestellt sich der Antikapitalist eine sauteure Sexarbeiterin mit Uni-Abschluss ins Haus, die nicht nur scharf, sondern auch nett ist. Als Zweites steht die Polizei vor der Tür. Und als Drittes beschließt Pierre-Paul, sich an einen soeben aus dem Gefängnis entlassenen ExGangster zu wenden, wie denn das viele schöne Geld außer Landes zu bringen sei. „Der unverhoffte Charme des Geldes“ist erneut ein Film des Kanadiers Denys Arcand, in dem er sich mit den Widersprüchen des Daseins in Zeiten des Kapitalismus auseinandersetzt. Es geht um die Verlockungen des Reichtums und die Unmöglichkeit, sich innerhalb des bestehenden Wirtschaftssystems moralisch einwandfrei zu verhalten.
„Der unverhoffte Charme des Geldes“beginnt zynisch und scharfsichtig, wird dann unerwartet märchenhaft romantisch, steuert zwischendurch in brutales Thrillerterritorium und endet utopisch-humanistisch, als Kapitalismuskritik etwas schief über die Bande gespielt. Das Happy End macht deutlich: Das hier ist ein Märchen. Wäre die Wirklichkeit näher, müsste der Film anders enden. Film: