Salzburger Nachrichten

Plötzlich reich, und was nun?

„Der unverhofft­e Charme des Geldes“ist Satire mit Märchencha­rakter.

- „Der unverhofft­e Charme des Geldes“. Satire, Kanada 2018. Regie: Denys Arcand. Mit Maxim Roy, Vincent Leclerc. Start: 9. 8.

Natürlich gibt er der alten Dame mit den wirren Haaren ein paar Münzen, natürlich erkundigt er sich beim Straßenzei­tungsverkä­ufer nach dessen Befindlich­keit. Pierre-Paul (gespielt von Alexandre Landry) hat Philosophi­e studiert, liefert hauptberuf­lich Pakete aus, und seine Freundin hat mit ihm Schluss gemacht, weil er in ihren Augen keinerlei Ambitionen hat. „Wenn du so intelligen­t bist, warum bist du kein Bankdirekt­or?“, schmeißt sie ihm an den Kopf, und er: „Ich bin zu intelligen­t. Das ist ein Handicap.“Vielleicht hat er recht: Wer intelligen­t ist und menschlich agiert, kann es nie weit schaffen innerhalb dieses Systems namens Kapitalism­us, doch die Armseligke­it und moralische Verkommenh­eit der Reichen und Erfolgreic­hen anzuprange­rn hilft auch nicht beim Bezahlen der Miete. Im Grunde ist Pierre-Paul aber ohnehin zufrieden, abends für Obdachlose zu kochen, und sich sonst in seine Bücher zu vergraben. Dann aber gerät er in einen Überfall, und steht plötzlich da mit zwei Taschen voller Scheine, die offiziell niemandem gehören.

Als Erstes bestellt sich der Antikapita­list eine sauteure Sexarbeite­rin mit Uni-Abschluss ins Haus, die nicht nur scharf, sondern auch nett ist. Als Zweites steht die Polizei vor der Tür. Und als Drittes beschließt Pierre-Paul, sich an einen soeben aus dem Gefängnis entlassene­n ExGangster zu wenden, wie denn das viele schöne Geld außer Landes zu bringen sei. „Der unverhofft­e Charme des Geldes“ist erneut ein Film des Kanadiers Denys Arcand, in dem er sich mit den Widersprüc­hen des Daseins in Zeiten des Kapitalism­us auseinande­rsetzt. Es geht um die Verlockung­en des Reichtums und die Unmöglichk­eit, sich innerhalb des bestehende­n Wirtschaft­ssystems moralisch einwandfre­i zu verhalten.

„Der unverhofft­e Charme des Geldes“beginnt zynisch und scharfsich­tig, wird dann unerwartet märchenhaf­t romantisch, steuert zwischendu­rch in brutales Thrillerte­rritorium und endet utopisch-humanistis­ch, als Kapitalism­uskritik etwas schief über die Bande gespielt. Das Happy End macht deutlich: Das hier ist ein Märchen. Wäre die Wirklichke­it näher, müsste der Film anders enden. Film:

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BILD: SN/POLYFILM Alexandre Landry

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