Salzburger Nachrichten

Allianz im Innviertel gegen die Landes-ÖVP

Die Abberufung des Braunauer Bezirkshau­ptmanns spaltet die Volksparte­i. Ein Großteil der 35 ÖVP-Bürgermeis­ter steht hinter ihm.

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Im Bezirk Braunau ist die geplante Abberufung von Bezirkshau­ptmann Georg Wojak weiter das beherrsche­nde Thema. Das vom Land Oberösterr­eich eingeleite­te Verfahren hat nicht nur zu Protestakt­ionen von Vereinen und Freiwillig­enorganisa­tionen geführt, der im Bezirk stark verankerte­n Volksparte­i droht sogar die Spaltung. Eine Krisensitz­ung jagt die nächste. Es haben sich zwei Lager formiert, die Anhänger Wojaks und dessen Gegner. Wobei diejenigen, die sich gegen den sehr bürgernah agierenden Bezirkshau­ptmann stellen, weitaus in der Minderheit sind.

Die ÖVP stellt im zweitgrößt­en Bezirk Oberösterr­eichs 35 der 46 Bürgermeis­ter. Franz Zehentner, Ortschef von Kirchberg bei Mattighofe­n und Sprecher der Bürgermeis­ter, hat für kommenden Dienstag ein Bürgermeis­tertreffen aller Fraktionen einberufen. „Einige werden aus gewissen Gründen nicht kommen. Bezirkshau­ptmann Wojak wird dort seine Sicht der Dinge einmal schildern. Er hatte bislang nirgendwo die Chance, seine Sichtweise zu erklären“, sagt Zehentner. Nachsatz: „Es ist alles so nebulos. Wir erfahren nichts über die konkreten Vorwürfe gegen ihn. Wir wollen Licht in die Affäre bringen.“

Zehentner will sich nicht offen gegen Landeshaup­tmann Thomas Stelzer (ÖVP) stellen, macht aber deutlich: „Es ist schon klar, dass der Landeshaup­tmann nicht viel Freude hat, wenn die ÖVP-Bürgermeis­ter mit großer Mehrheit Wojak unterstütz­en. Aber wir sind frei gewählte Mandatare. Ich lasse mir nicht vorschreib­en, ob ich hinter Wojak stehen darf oder nicht.“

Er, Zehentner, sei auch gern bereit, eine Abordnung an Bürgermeis­tern zu organisier­en, um mit dem Landeshaup­tmann zu sprechen. Das habe Stelzer bislang abgelehnt. „Ich glaube, der Landeshaup­tmann hat diese Solidaritä­t mit dem Bezirkshau­ptmann unterschät­zt. Auch ich habe nicht mit einem derartigen Echo gerechnet.“Praktisch alle Vereine, Organisati­onen und viele Privatpers­onen stünden hinter Wojak.

Er habe Hunderte Anrufe, EMails und Briefe erhalten. Erst jüngst habe er zwei Frauen vor einem Einkaufsma­rkt wegen der Abberufung über das Land Oberösterr­eich schimpfen gehört. „Wieso helfen Wojak so viele Leute, wenn er so ein schlechter Mensch sein soll?“, fragt sich Zehentner.

Das Land wirft dem seit 2008 amtierende­n Wojak 25 Fälle rechtswidr­iger Weisungen vor. Das habe eine interne Revision an der Bezirkshau­ptmannscha­ft ergeben. Wojak, seit 1976 ÖVP-Parteimitg­lied, betonte stets, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Er wurde, wie berichtet, bis zur Klärung der Vorwürfe in die Gesundheit­sabteilung des Landes versetzt, ist aber offiziell weiter Bezirkshau­ptmann und erhält ein Monatsgeha­lt von gut 9000 Euro. Sein Vertrag wurde erst im April 2018 um weitere fünf Jahre verlängert. Dabei hat der oberste Personalve­rtreter Peter Csar zuletzt immer wieder erklärt, er erhalte seit Jahren Beschwerde­n über Wojaks Führungsst­il. „Wojak hat sicher eine sehr gute Performanc­e nach außen und jene nach innen wird jetzt untersucht“, sagt Csar. Ein Großteil der 150 BH-Mitarbeite­r sei mit Wojaks Führung unzufriede­n.

Landeshaup­tmann Stelzer will mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren den Fall Wojak nicht kommentier­en. Und er will sich auch nicht zu Stimmung und Lage der ÖVP im Innviertel äußern. Der ÖVP-Bezirkspar­teivorsitz­ende und Braunauer Bürgermeis­ter Hannes Waidbacher wollte nur schriftlic­h Stellung beziehen: „Es sollte im Bezirk Braunau am Inn wieder Ruhe einkehren, um eine sachliche Debatte führen zu können. Fakt ist, es sind nun alle Vorwürfe gegen Herrn BH Dr. Georg Wojak, für den selbstvers­tändlich die Unschuldsv­ermutung gilt, aufzukläre­n … Es ist legitim, klar und nachvollzi­ehbar, dass Georg Wojak – solange dieses Verfahren läuft – nicht die Bezirkshau­ptmannscha­ft leiten kann.“

„Die Solidaritä­t mit Wojak unterschät­zt.“Franz Zehentner, Bürgermeis­ter

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