Falsche Expertisen? Gutachter jetzt rechtskräftig freigesprochen
Fast elf Jahre (!) lief das Strafverfahren gegen einen umstrittenen wie heftig kritisierten Gerichtsgutachter in Familienrechtssachen: Dem nun 56-jährigen Psychologen wurde angelastet, zwischen 2005 und 2008 in insgesamt 13 Fällen schwer mangelhafte, unrichtige Gutachten bei Bezirksgerichten in Salzburg und Oberösterreich erstattet zu haben. Konkret ging es etwa um Expertisen in hochstrittigen Verfahren um (für das Kindeswohl geeignete) Obsorge- und Besuchsrechtsregelungen.
Nachdem Gabriele Glatz, zuletzt zuständige Richterin, den Gutachter im Herbst 2018 erstinstanzlich vom Vorwurf der falschen Beweisaussage bzw. der vorsätzlichen Erstellung falscher Gutachten freigesprochen hatte, erwuchs der Freispruch nun am Mittwoch in Rechtskraft: Ein Dreirichtersenat des Oberlandesgerichts (OLG) Linz wies die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Ersturteil zurück. Sinngemäße Begründung: Die Erstrichterin habe zu Recht festgestellt, dass dem Psychologen die Erstellung falscher Gutachten weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht nachzuweisen sei. Anders gesagt: Formelle Mängel in den Gutachten reichten nicht für eine – objektive – Erfüllung des Tatbestands aus; zudem sei nicht erweislich, dass der Mann – in subjektiver Hinsicht – vorsätzlich falsch befundet habe.
Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in der 2013 eingebrachten Anklage waren massiv. Gestützt auf die Expertise eines deutschen Sachverständigen habe der Angeklagte in seinen Gutachten „auffallend oft Textbausteine verwendet“und Fragestellungen „nicht herausgearbeitet“. Die Gutachten des Salzburgers seien zudem teils sprachlich unverständlich gewesen, er habe methodische Schritte nicht nachvollziehbar dargestellt und Mindeststandards nicht eingehalten.
Der Prozess startete 2015 am Landesgericht. Das Verfahren ging aber später wieder zurück an den Start und landete dann bei Richterin Glatz, die 2016 erneut zu verhandeln begann. Mehrere Privatbeteiligte – sie sehen sich als Opfer des Psychologen – lehnten die Richterin im Prozessverlauf wegen Befangenheit ab – ihr Antrag wurde abgelehnt. Anfang 2018 wurden die Privatbeteiligten aus dem Verfahren ausgeschlossen, da den Opfern laut Gericht kein Schaden entstand.
Der Angeklagte (Verteidiger: RA Wolfgang Moringer) war bis 2009 als Gerichtsgutachter tätig. Er hatte die Anschuldigungen stets zurückgewiesen.