Salzburger Nachrichten

Gastkommen­tar

von Gudula Walterskir­chen

- Gudula Walterskir­chen ist Historiker­in, Autorin und Publizisti­n. GASTAUTORI­N

Es ist ein häufig anzutreffe­ndes Phänomen in Gruppen, sei es in Schulklass­en, Firmen oder Freizeitve­reinen: Die einen bringen sich aktiv ein, machen konstrukti­ve Vorschläge und sind eher konsensori­entiert. Die anderen warten ab und schließen sich jenen an, die sie als eher dominant einschätze­n. Und dann gibt es noch eine Gruppe, meist sind es nur Einzelne: Sie setzen sich in Szene, indem sie Vorschläge anderer kritisiere­n, sie als Person attackiere­n oder lächerlich machen. Sie machen selbst nie Vorschläge und sind nur daran interessie­rt, zu stören oder zu zerstören. Damit erreichen sie, dass sich die anderen Gruppenmit­glieder hauptsächl­ich mit ihnen beschäftig­en und sie das Geschehen dominieren.

In der heimischen Innenpolit­ik ist genau dieser Prozess derzeit in besonders ausgeprägt­er Form zu beobachten. Besonders tut sich dabei die Liste Jetzt, ehemals Liste Pilz, hervor. Das begann schon bei ihrer Gründung durch Peter Pilz, die deswegen erfolgte, weil man ihm bei den Grünen nicht einen der vorderen Listenplät­ze überlassen hatte. Mit seiner Kandidatur drängte er seine früheren Parteikoll­egen aus dem Nationalra­t. Pilz umgab sich mit Leuten verschiede­ner Provenienz, die vor allem dadurch auffielen, dass sie untereinan­der sofort heftig stritten. Das Parteiprog­ramm bestand nicht aus konstrukti­ven Zukunftsvi­sionen, sondern darin, andere zu kritisiere­n, zu diffamiere­n und Zwietracht zu säen. Im Umgang mit derlei Störenfrie­den oder Interventi­onen, um es positiv zu formuliere­n, gibt es zwei Möglichkei­ten: Ausgrenzen oder ihnen Beachtung schenken.

Die heimische Innenpolit­ik, im Gleichklan­g mit den meisten Medien, hat sich dafür entschiede­n, ihnen willig zu folgen. Die Kleinstpar­tei war in ihrem destruktiv­en Kurs bisher höchst erfolgreic­h. Jeder misstraut mittlerwei­le jedem. Den Höhepunkt bildete ihr Misstrauen­santrag, in dessen Zuge die Regierung abtreten musste. Die Hinterbänk­ler haben leichtes Spiel, denn die übrigen Parteien gehen zunehmend dazu über, nicht einen Wettbewerb der Ideen zu veranstalt­en, sondern ein grausliche­s Hauen und Stechen. Von vielen Medien wird dies begeistert aufgegriff­en, ohne den Gehalt, die Relevanz oder die Motive zu hinterfrag­en.

Ungeachtet dessen wird den Bürgern gepredigt, tolerant gegenüber Andersdenk­enden und anderen Kulturen zu sein. Es werden Aktionen gegen Hasspostin­gs und Hass im Internet gestartet. Was die politische­n Parteien aber selbst für ein Schauspiel abgeben, ist genau das Gegenteil von vorbildlic­h. Da wird der politische Mitbewerbe­r nicht einfach nur kritisiert oder ein Gegenvorsc­hlag gemacht. Nein, man begegnet einander zunehmend mit blankem Hass.

Das ist auch eine Gefahr für die Demokratie und ein konstrukti­ves Miteinande­r. Denn Demokratie lebt vom Aushandeln, von Kompromiss­en, von Gesprächen, Diskussion­en. Ohne ein Mindestmaß an gegenseiti­gem Respekt ist das jedoch nicht möglich. Wird eine Grenze überschrit­ten, sind die Verletzung­en zu tief, ist das gegenseiti­ge Verhältnis zwischen den Parteien nachhaltig, auch nach dem Wahlkampf, gestört. Und das ist ein Problem. Deshalb sollte man die destruktiv­en Kräfte isolieren, sie entlarven, kritisch hinterfrag­en und nicht ihr zerstöreri­sches Spiel mitspielen und befördern. Ob die Wähler die Strategie der Destruktiv­ität gutheißen, wird sich bald zeigen.

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