Leichtsinn führt zu immer mehr Toten in den Bergen
Alpinpolizei und Bergrettung schlagen Alarm: Die Vollkaskomentalität der Konsumgesellschaft führt zu einem starken Anstieg bei den Einsätzen, aber auch bei den Todesfällen.
Die Zahl der Wanderer nimmt jedes Jahr zu. Proportional dazu steigen auch die Einsätze von Bergrettung und Alpinpolizei. Zumeist sind es Selbstüberschätzung, schlechte Ausrüstung und mangelhafte Fitness, die zu alpinen Notfällen führen. Otmar Striednig, Landesleiter der Bergrettung in Kärnten, spricht von „Vollkaskomentalität einer Konsumgesellschaft“. Viele Menschen hätten ihren Hausverstand verloren. Sie suchten das Abenteuer ohne entsprechende Vorbereitung. Zwischen 1. Juni und 9. August starben österreichweit schon 77 Menschen (plus 28 Prozent) in den Bergen.
Ein Bergsteiger (56), der seit Freitag in der Kremsmauer (Bezirk Kirchdorf) gesucht wurde, ist tödlich verunglückt. Seine Leiche wurde am Sonntag unterhalb des „Grünen Bandes“bei einem Flug mit dem Bundesheerhubschrauber entdeckt.
Ein 47-Jähriger stürzte am Sonntag in Obsteig in Tirol (Bezirk Imst) beim Aufstieg auf die Marienbergspitze rund 120 Meter über eine Rinne ab und zog sich dabei schwere Verletzungen zu. Der Mann hatte sich an einem Stein festgehalten, der plötzlich ausbrach. Und in der Wolfsklamm wurde ein Bub von einem Stein am Kopf getroffen.
Das sind nur einige Meldungen von Bergunfällen vom Wochenende. Alpinpolizei und Bergrettung sind derzeit in ganz Österreich im Dauereinsatz. Zumeist sind es Selbstüberschätzung und mangelhafte Ausrüstung, die zu alpinen Notfällen führen. Otmar Striednig, Landesleiter der Bergrettung in Kärnten, spricht von „Vollkaskomentalität einer Konsumgesellschaft“: „Wir machen alles, was wir wollen, und wenn es nicht mehr geht, drücken wir auf das Knopferl und lassen uns abholen.“
Viele Menschen hätten ihren Hausverstand verloren. Sie suchten das Abenteuer ohne entsprechende Vorbereitung – „viele gehen einfach los“, sagt Striednig. Exemplarisch sei einer von fünf Einsätzen vom Freitag: Ein Vater sitzt mit seiner Tochter am Gipfel und schlägt Alarm, weil die Tochter total erschöpft ist und nicht mehr weiterkommt.“„Hurra, dann rufen wir die Retter an und lassen uns mit dem Hubschrauber holen“, erzählt Striednig. Gerade bei Familien mit Kindern mangle es oft an Selbsteinschätzung oder daran, sich einzugestehen, dass man auch rechtzeitig umdrehen dürfe. In den Monaten Juli und August seien „verdammt viele Menschen“in den Bergen unterwegs, allein in Kärnten verzeichneten die Bergretter bereits 100 Einsätze (zwei bis drei täglich).
Österreichweit steigen die Einsätze der Bergrettung jedes Jahr. „Es sind immer mehr Wanderer unterwegs. Proportional zur Zahl der Berggeher steigen die Unfälle und Todesfälle“, sagt Stefan Hochstaffl, Präsident des Bundesverbands der Bergrettung.
In Tirol verzeichnet die Alpinpolizei einen starken Anstieg bei den Alpintoten. Im Sommer seien heuer bereits 28 Menschen ums Leben gekommen, im Vergleichszeitraum des Vorjahrs waren es 24 (plus 16 Prozent). Die meisten tödlichen Unfälle, zwölf an der Zahl, ereigneten sich beim Wandern, gefolgt von fünf Todesfällen beim Klettern. Österreichweit starben zwischen 1. Juni und 9. August 77 Menschen (plus 28 Prozent).