Stierkampfarena auf Mallorca war nicht voll
Beim ersten Stierkampf nach einem umstrittenen Gerichtsurteil war die Arena nicht ausverkauft. In ganz Spanien sinkt die Zahl der Corridas.
Eine spanische Nationalflagge mit einem aufgedruckten schwarzen Stier hing am Zaun, der die Arena in Palma de Mallorca umgibt. Die Stierkampffans stimmten vor dem Eingangstor das populäre Volkslied „Viva España“(Es lebe Spanien) an, in dem die spanische Nation besungen wird. „Die Menschen jubeln inbrünstig dem Stierkämpfer zu“, heißt es in dem Lied.
Doch auch der Gesang der Stierkampffreunde vor der Arena konnte nicht die Pfiffe und Buhrufe der Tierschützer übertönen, die sich auf der anderen Straßenseite versammelt hatten. „Mörder, Mörder“, skandierten sie Richtung Arena. Sie riefen: „Der Stierkampf ist keine Kunst und keine Kultur, sondern Tortur.“Die rund 400 Demonstranten hielten zudem Schilder in die Höhe mit der Aufschrift „Stoppt die Stierkämpfe“oder „Kein weiteres Blutvergießen“.
Der Protest galt der Rückkehr der Stierkämpfe auf Mallorca: Nach einer zweijährigen Zwangspause durften in Palmas Arena am Wochenende erstmals wieder Kampfbullen getötet werden. Dies ging auf eine Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts zurück, das ein Stiertötungsverbot der progressiven Inselregierung aufgehoben hatte. Die Richter hatten einer Klage der konservativen Volkspartei stattgegeben und argumentiert, dass der Stierkampf als „nationales Kulturgut“staatlich geschützt sei und somit nicht von der regionalen Inselregierung verboten werden könne.
Applaus brandete auf, als die vier Toreros in ihren Glitzeranzügen in die Arena liefen. OléRufe hallten durch das Rund. Die Veranstalter hatten, um ein möglichst großes Publikum anzuziehen, berühmte Stierkämpfer verpflichtet: El Juli, El Fandi, Morante de la Puebla und José María Manzanares. Trotzdem war die 11.600 Menschen fassende Arena, die den Namen Coliseo (Kolosseum) trägt, nicht ausverkauft – es kamen 8700 Zuschauer, die zwischen 30 und 130 Euro Eintritt bezahlt hatten.
Tierschützer hatten zuvor an die Hunderttausenden Touristen auf Mallorca appelliert, nicht zum Stierkampf zu gehen. „Unterstützen Sie keine Attraktionen, bei denen Tiere misshandelt werden oder nur für die menschliche Unterhaltung leiden müssen“, hatte zum Beispiel der Deutsche Tierschutzbund erklärt. „Kulturelle Tradition ist noch lang kein Freibrief für Tierquälerei. Wer den Leidenskampf von Mitgeschöpfen als fröhliches Spektakel feiert, verschließt die Augen vor dem grausamen Umgang mit den Tieren.“
Auch wenn Spaniens Toreros die Rückkehr des Stiertötens auf Mallorca als Erfolg feierten: In Wirklichkeit weht ihnen landesweit heftiger Wind entgegen. Die Zahl der Stierkämpfe in Spanien nimmt seit Jahren ab. Immer mehr Arenen schließen, weil die Zuschauer ausbleiben und sich diese blutigen Veranstaltungen nicht mehr rechnen.
Das gilt auch für Mallorca. Das Spektakel in Palma bleibt vermutlich in diesem Jahr ein Einzelfall. In den anderen drei Arenen auf der Insel, die in den Orten Inca, Muro und Alcúdia liegen, sind bisher keine weiteren Kämpfe geplant. In den vergangenen zwölf Jahren gab es auf Mallorca nach der Statistik des spanischen Kulturministeriums nur noch 29 Stierkämpfe.
In Umfragen findet der Stierkampf meist nur noch bei älteren Spaniern größere Zustimmung. Dieser Generationenriss scheint sich auch durch Spaniens Königshaus zu ziehen: Altkönig Juan Carlos (81) jubelt regelmäßig von der Ehrentribüne der großen Kampfplätze den Toreros zu – sein Sohn König Felipe (51) meidet derweil die Stierkämpfe.