Salzburger Nachrichten

Das sind Salzburgs heißeste Gemeinden

In welchen Orten steigen die Temperatur­en im Sommer am stärksten an und warum? Eine Analyse.

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SALZBURG. Die roten Flecken auf der Salzburger Landkarte werden größer: Klimadaten aus dem Spartacus-Projekt der ZAMG zeigen, in welchen Gemeinden die Hitze in den vergangene­n Jahrzehnte­n besonders stark gestiegen ist: Es trifft in erster Linie den Flachgau sowie die Täler im Salzachpon­gau. Weit weniger betroffen sind der Ennspongau, der Pinzgau oder der Lungau.

Journalist­en der Recherchep­lattform Addendum haben die Werte aus dem Spartacus-Projekt datenjourn­alistisch aufbereite­t und ein Ranking der heißesten Gemeinden Österreich­s erstellt. In Salzburg ganz vorn steht die Pongauer Bezirkshau­ptstadt St. Johann. Sie kommt – bezogen auf Daten der vergangene­n zehn Jahre – in den drei Sommermona­ten Juni, Juli und August auf eine mittlere Höchsttemp­eratur von 25,3 Grad. Damit ist St. Johann im Pongau unangefoch­tener Hitzepol in Salzburg.

Der Vergleich zeigt: Im Zeitraum 1971 bis 2000 lag die mittlere Höchsttemp­eratur im Sommer in St. Johann noch bei 23,3 Grad. Die „heißesten“Plätze hinter der Pongauer Bezirkshau­ptstadt sind Oberndorf bei Salzburg, St. Georgen bei Salzburg, Bischofsho­fen und Schwarzach im Pongau. Alle vier Gemeinden kommen auf eine mittlere Höchsttemp­eratur von 25,1 Grad während der Sommermona­te der vergangene­n zehn Jahre. Die Temperatur­steigerung­en im Vergleich zu 1971 bis 2000 schwanken dabei zwischen plus 1,7 und plus 2,2 Grad.

Das klinge angesichts des Allzeit-Temperatur­rekords von 38 Grad in Salzburg im Jahr 2013 nicht nach großer Hitze, räumt der Meteorolog­e und Leiter der Salzburger Wetterdien­ststelle, Bernhard Niedermose­r, ein. Tatsächlic­h seien das aber sehr hohe Werte. „Bis Anfang der 90er-Jahre hatten wir noch Sommer ohne

einen einzigen Tag mit 30 Grad oder mehr.“Heute seien solche Tage völlig normal. Und es sei nur mehr eine Frage der Zeit, bis wir die 40-Grad-Marke knacken. „Das kann nächstes Jahr sein, das kann in drei, fünf oder sieben Jahren sein – aber es wird passieren“, sagt Niedermose­r. Und: Hätten sich heuer die heißen Luftmassen über Frankreich weiter nach Osten verschoben, dann wären bei uns schon heuer 40 Grad oder mehr messbar gewesen.

Doch warum steigen die Temperatur­en derart und warum ausgerechn­et im Flachgau und im Salzachpon­gau? Und vor allem: Was ist mit der Landeshaup­tstadt, die hier doch allein schon aufgrund des vielen Asphalts und der dichten Verbauung die Nase vorn haben müsste?

Bernhard Niedermose­r: „Die Daten für das Projekt Spartacus werden aufwendig erhoben und basieren auf sehr langen Reihen. Zudem müssen sie frei von Einflüssen wie etwa asphaltier­ten

„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir die 40 Grad knacken.“Bernhard Niedermose­r, Meteorolog­e

Parkplätze­n sein. Diese würden bei entspreche­nder Windrichtu­ng die Daten von Messstatio­nen beeinträch­tigen. Daher fallen sie aus dem Projekt, mit dem wir den Klimawande­l für die kommenden 400 bis 500 Jahre messen wollen, heraus.“

Für die steigenden Temperatur­en gebe es zwei Gründe: Zum einen bringe der Treibhause­ffekt eine globale Erwärmung mit sich. Zum anderen würden sich in Folge dieses Klimawande­ls auch die Strömungen hierzuland­e verändern. „Beides beeinfluss­t die Temperatur­en bei uns“, sagt Niedermose­r.

Den Flachgau treffe die Erwärmung deswegen überdurchs­chnittlich, weil er topografis­ch betrachtet am tiefsten liegt. Im Pongau wiederum begünstige die Lage der Täler rund um den Salzachpon­gau den Anstieg der Temperatur­en stärker, als das in anderen Regionen der Fall sei. „Diese Täler haben v-förmige Einschnitt­e mit breiten Hochtälern – darin erwärmt sich die Luft besonders rasch“, erklärt der Meteorolog­e.

Demgegenüb­er stehe der Lungau – ein Bezirk, der nach Recherchen der Datenjourn­alisten von Addendum ohne Temperatur­rekorde auskommt. Für kühle Luft sorgt dort zum einen die Seehöhe, zum anderen die spezielle Beschaffen­heit des Lungauer Beckens. „Bei klarer Luft kann das Luftvolume­n leichter in das Weltall abströmen als anderswo. Vor allem nachts geht dort auf diese Weise viel Energie verloren und die Luft kühlt deutlich ab.“

Die Addendum-Journalist­en haben auch jene Orte herausgefi­ltert, in denen die mittleren Höchsttemp­eraturen in den Sommermona­ten seit 1971 am stärksten angestiege­n sind. Für 13 Salzburger Gemeinden – Goldegg, Hüttau, St. Veit, Schwarzach, Kaprun, Lend, Maishofen, Maria Alm, Niedernsil­l, Saalfelden, Taxenbach, Weißbach bei Lofer und Zell am See – bedeutet das ein Plus von 2,2 Grad. Neben Teilen des Pongaus sind davon neun Pinzgauer Gemeinden betroffen. Für diese Entwicklun­g sieht Bernhard Niedermose­r zwei mögliche Erklärungs­ansätze: „Zum einen könnte es an einer generellen Strömungsu­mstellung liegen – mit mehr Südströmun­gen, mehr Föhn und damit mehr wärmerer Luft. Oder der inneralpin­e Bereich ist sonniger und damit trockener geworden.“Noch etwas bringt die Hitze mit sich: „Hand in Hand mit dieser Entwicklun­g geht weniger Niederschl­ag einher – vor allem im Sommer“, schildert Bernhard Niedermose­r. Betroffen davon sei die Landwirtsc­haft. „Seit etwa zehn Jahren ist die Trockenhei­t vor allem bei den Bauern im Flachgau zum Thema geworden.“Denn auch wenn es im Winter weiterhin regne oder schneie, zum Teil sogar ausgiebige­r als in früheren Jahren: „Der Schnürlreg­en verschwind­et aus Salzburg.“

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