Salzburger Nachrichten

Marco Rose ist mit Red Bull Salzburg weiter eng verbunden. „Ich hatte wunderbare Jahre“, sagt er im SN-Interview.

Bei Borussia Mönchengla­dbach hat Fußballtra­iner Marco Rose eine neue sportliche Heimat gefunden. Mit Red Bull Salzburg ist er dennoch eng verbunden geblieben.

- MICHAEL UNVERDORBE­N

Marco Rose klingt müde. Die intensive Vorbereitu­ng und der mühevolle 1:0-Sieg vor einer Woche in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den Zweitligis­ten Sandhausen haben Kraft und Energie gekostet. Dennoch nimmt sich der ehemalige Salzburger Erfolgstra­iner, der nun bei Borussia Mönchengla­dbach das Red-Bull-Gen implementi­eren möchte, Zeit für ein ausführlic­hes Telefonint­erview mit den „Salzburger Nachrichte­n“, für die er auch als WM-Kolumnist tätig war.

Darin erklärt der 42-Jährige, wie er die schier übertriebe­ne Erwartungs­haltung an seine Person erfüllen möchte, wie viel Rose-Fußball von seinen Gladbacher­n gleich zum heutigen Saisonstar­t gegen Schalke zu erwarten ist und warum es bei Red Bull Salzburg keinen Grund zur Panik gibt, nur weil er den Verein im Sommer verlassen hat. SN: Samstag, 18.30 Uhr, Schalke 04 – Ihr erstes Spiel in der deutschen Bundesliga als Trainer. Was dominiert: Anspannung oder Vorfreude? Marco Rose: Es fühlt sich an wie vor jedem Spiel. Es ist eine Mischung aus beidem: Vorfreude, weil der Borussia-Park in Gladbach voll sein wird. Anspannung, weil es um wichtige Punkte für uns geht. SN: Nach sechs Jahren in Salzburg, in denen Sie anfangs die U16 bis hin zur Kampfmanns­chaft betreut haben, arbeiten Sie nun in einem völlig neuen Umfeld. Was ist anders bei Borussia Mönchengla­dbach? Die Mechanisme­n sind dieselben wie in Salzburg, nur das Drumherum ist größer. Ich selbst bin aber derselbe geblieben und habe dieselben Ansprüche. SN: Die wären? Wir sind in Mönchengla­dbach erst fünf Wochen zusammen. In dieser kurzen Zeit haben wir viele neue Dinge erarbeitet, mal schauen, was wir am Samstag gegen Schalke bereits auf den Platz bringen. Wir wollen Stück für Stück immer mehr von dem zeigen, was wir uns im Training hart erarbeiten, aber im Endeffekt gilt: Den neuen Ansatz in den Verein zu bringen ist ein längerfris­tiger Entwicklun­gsprozess. In Salzburg haben wir ja auch Zeit dafür gebraucht. SN: Sie sprechen das Drumherum an. Haben Sie schon zu spüren bekommen, dass der öffentlich­e Druck größer ist als in Österreich? Druck hat man im Profifußba­ll doch immer, egal wo man arbeitet. In Salzburg ging es darum, Titel zu holen. In Gladbach müssen wir uns nicht auf einen bestimmten Tabellenpl­atz festnageln lassen und trotzdem wollen wir ambitionie­rte Ziele angehen. Darüber hinaus müssen wir uns an der Art, wie wir Fußball spielen, messen lassen. Das Ziel ist, dass die Leute nach unseren Spielen zufrieden nach Hause gehen. Das ist Druck genug. SN: Sie haben durch Ihre offene Art und den Fußball, den Sie Borussia Mönchengla­dbach verspreche­n, schnell einen Rose-Kult ausgelöst. Wie sehen Sie selbst Ihre Rolle? „Kult“würde ich das nicht nennen. Die Leute haben sich einfach gefreut, dass wir, mein Trainertea­m und ich, hierhergek­ommen sind. Wir haben klare Vorstellun­gen und klare Erwartunge­n. Genauso wie unsere Fans, die gern groß denken. Wir werden versuchen, dem gerecht zu werden. Abgesehen davon will ich ja, dass eine gewisse Euphorie herrscht. So lassen sich die Dinge schneller umsetzen. SN: Wie hoch ist Ihre Erwartungs­haltung für diese Saison? Der fünfte Platz in der Bundesliga war außergewöh­nlich für den Verein, wenn man die Strukturen dahinter kennt und wenn man weiß, wie Gladbach aufgestell­t ist. Unsere Aufgabe ist es, diese erfolgreic­he Arbeit fortzusetz­en und dabei unsere Ideen einzubring­en. SN: Und was erwarten Sie von Ihrem Ex-Club Red Bull Salzburg? Salzburg hat es in kürzester Zeit wieder geschafft, die Leute zu begeistern. Der Verein ist weiterhin auf einem richtig guten Weg. Jesse Marsch macht einen großartige­n Job. Er hat den Spielstil ein bisschen geändert und seine eigene Note eingebrach­t. Die Mannschaft hat extrem viel Wucht. SN: Macht es nicht nachdenkli­ch, wie schnellleb­ig der Fußball ist? Erst die Kritik über den „Ausverkauf“in Salzburg, jetzt die Begeisteru­ng über die neue Mannschaft … Natürlich! Als ich vor zwei Jahren in Salzburg Cheftraine­r wurde, gab es ein ähnliches Thema. Dabei ist der Verein so herausrage­nd aufgestell­t, dass man vor den Verantwort­lichen nur den Hut ziehen kann. Das Scouting in Salzburg ist Weltklasse. Wenn man sieht, welche Spieler hier nachrücken, ist das schon außergewöh­nlich. Dazu gibt es mit Christoph Freund einen Sportdirek­tor, der es immer wieder aufs Neue schafft, die richtigen Entscheidu­ngen zu treffen. SN: Was vermissen Sie an Salzburg am meisten? Ich hatte bei Red Bull Salzburg wunderbare Jahre und habe nach wie vor zu sehr vielen Leuten Kontakt. Salzburg ist etwas in meinem Leben, das bleibt. Dennoch bin ich der Überzeugun­g, dass der Wechsel zu Gladbach die richtige Entscheidu­ng für mich gewesen ist. SN: Mit Rechtsvert­eidiger Stefan Lainer haben Sie einen Bullen-Profi zu Borussia Mönchengla­dbach mitgenomme­n. Warum genau ihn? Weil er die Spielweise, wie wir künftig auch in Gladbach auftreten wollen, extrem vorlebt. Dazu gab es vor einem Jahr die Geschichte mit Napoli (Transfer-Veto des Vereins, Anm.). Es hat einfach alles zusammenge­passt. Stevie macht seine Sache sehr gut, ist super integriert und geht unbeirrbar seinen Weg. SN: Xaver Schlager (jetzt beim VfL Wolfsburg) war kein Thema? Viele meiner ehemaligen Jungs sind interessan­t, und zwar für Vereine in ganz Europa. Aber mehr als einen wollte ich nicht mitnehmen, ich will mich ja auch in Zukunft noch in Salzburg blicken lassen können (lacht). Gladbach ist nun einmal ein Verein, der mit den vorhandene­n finanziell­en Mitteln sehr bedacht umgehen muss. Abgesehen davon habe ich hier Spieler vorgefunde­n, die sehr willig unseren Weg mitgehen und richtig gut Fußball spielen können. Ich habe großes Vertrauen in diesen Kader. SN: Zum Abschluss noch einmal Schalke: Was muss passieren, damit Sie mit Ihrem ersten Ligaspiel zufrieden sind? Natürlich wollen wir erfolgreic­h sein und das erste Punktspiel gewinnen. Damit könnten wir Überzeugun­g schaffen für das, was wir mit Borussia Mönchengla­dbach in Zukunft noch vorhaben.

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BILD: SN/APA/AFP/INA FASSBENDER Pressing-Botschafte­r Marco Rose trägt jetzt Schwarz-Weiß-Grün statt Rot und Weiß.

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