Flughafen-Chefin Ganghofer fürchtet nicht um die Strecke Wien–Salzburg. Wegen des Bahnhofs und der Langstrecke.
Flughafen-Chefin Bettina Ganghofer fürchtet nicht um die Strecke Wien–Salzburg. Was das mit Bahnhof und Innenstadt zu tun hat sowie mit der AUA-Langstrecke. Und wieso Salzburg 100 Millionen Euro in eine Airport-City investieren soll.
Die AUA hat angekündigt, die Strecke Salzburg–Wien in Zukunft nicht mehr fliegen zu wollen. Die Pleite von Air Berlin und Niki kostete dem Salzburger Flughafen im Vorjahr ein Viertel aller Flüge. Und angesichts der Klimadiskussion stellen immer mehr Menschen Kurzstreckenflüge generell infrage. SN: Hat der Salzburger Flughafen überhaupt noch Zukunft? Bettina Ganghofer: Unbedingt! Im Flugverkehr gibt es immer wieder in Wellen Entwicklungen, die das Geschäft nicht gerade fördern, seien es wirtschaftliche Krisen, Naturgewalten oder geopolitische Entwicklungen. Das heißt aber nicht, dass sie das so nachhaltig unterbrechen, dass nichts mehr weitergeht.
Und Kurzstrecken werden schon lang kritisch betrachtet, weil sie für Airlines auch wirtschaftlich eine Belastung sind. Wir fliegen Salzburg–Wien aber nicht als Städteverbindung, sondern als Zubringerflug. Über 90 Prozent der Gäste, die in diesem Flug sitzen, fliegen weiter in die weite Welt. Auch die AUA wird darauf nicht verzichten wollen, sie braucht Zubringerflüge, um ihre Langstrecke zu füllen. SN: Wieso will man dann Wien– Salzburg nicht mehr fliegen? Dass AUA-Chef Alexis Hoensbroech sagt, idealerweise gebe es irgendwann die Kurzstreckenflüge nicht mehr, wundert mich nicht. Er hat aber auch gesagt, es müsse zuvor sinnvolle Alternativen geben. Das wollten viele nicht hören. Wir haben momentan aber keine sinnvolle Alternative. Derzeit steht die Strecke Wien–Salzburg bei der AUA überhaupt nicht zur Diskussion. SN: Das klang aber anders. Hoensbroech hat gesagt: „Ich hoffe, dass die Strecke mittelfristig nicht mehr geflogen wird.“Ich hatte nach dem Interview AUA-Vertreter hier, wir haben über die Marketingkampagnen für diese Strecke geredet. Das Produkt Zug, das aus Linz gut funktioniert, kann man nicht auf Salzburg überstülpen. Schon allein der Bahnhof in Salzburg ist zu schlecht zu erreichen und hat zu wenige Parkplätze. Der Salzburger Flughafen hat nur 20 Prozent der Gäste aus der Stadt, 80 Prozent kommen aus dem Umland. Für Passagiere aus dem Pongau, Oberösterreich oder dem Berchtesgadener Land ist es völlig unpraktisch, statt zum Flughafen mit Autobahnanschluss zum Bahnhof zu fahren, um dann noch knapp drei Stunden mit dem Zug nach Wien zu brauchen. SN: Was würde der Wegfall des Flugs für den Airport bedeuten? Dass die Passagiere über andere Hubs in die Welt fliegen würden, vielleicht über Istanbul, Frankfurt, Düsseldorf oder im Winter London. Andere würden mit dem Auto nach München fahren. Es könnte auch sein, dass eine andere Fluglinie in diese Lücke stößt und eine neue Hubverbindung möglich wird. SN: Passagiere beklagten bereits den Wegfall von Zürich, Paris oder Amsterdam. Zürich flogen wir zuletzt 2015 an, das war aber keine Hubverbindung, also ohne Anschluss an weitere Langstrecken. Das rentiert sich nicht. In Amsterdam ist der Flughafen voll. Paris wäre interessant. SN: Wie gut ist der Wien-Flug ausgelastet? Die Auslastung ist steigend, wir sind jetzt bei knapp 70 Prozent. Das sind mehr als 100.000 Passagiere. SN: Tourismus oder Betriebe, wer braucht den Flughafen? Zwischen 35 und 40 Prozent des Flugverkehrs ist geschäftlich, der Rest ist touristisch. Der größere Anteil ist da der Incoming-Tourist, das ist also für die Region wichtig. SN: Die Mobilität wird sich aber verändern. Unbedingt. Aber wie lang diskutieren wir schon über E-Autos und wie viele fahren jetzt schon auf der Straße? Und immer noch nicht sind alle Probleme gelöst. Für den Flugverkehr ist eine der entscheidenden Fragen: Findet man andere Arten des Treibstoffs? Biofuel gibt es, es ist aber noch zu teuer und zu aufwendig herzustellen. Interessant sind neu entstehende Flugtaxis, da ist noch völlig unklar, wohin es geht. Es wird sich viel verändern, aber welche Veränderungen letztlich volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich Sinn machen, weiß bisher noch keiner. Da kann man bei seinen Entscheidungen viel falsch machen . SN: Trotzdem braucht der Flughafen jetzt viel Geld. Die bereits erfolgte Renovierung der Piste und die noch folgenden Arbeiten an Rollweg und Entwässerung werden 60 Mill. Euro kosten. SN: Und 100 Millionen Euro ein neuer Terminal? Wir haben einen 60 Jahre alten Terminal, den man bald nicht mehr betreiben kann, weil er zu viele Risiken birgt. Brandschutzrisiko, Wärmeversorgung, Fluchtwege – wenn man nichts tut, muss das Terminal in acht bis zehn Jahren geschlossen werden. Und klimatisch gesehen muss das Gebäude dringend erneuert werden. Wenn man also etwas tun muss, stellt sich schon die Frage, ob man das nicht gleich vernünftig löst. Wir wollen keinen Palast bauen. Wir brauchen aber einiges, was wir momentan nicht haben. Ein anständiges Hotel, einen Supermarkt. Auch andere Gewerbebetriebe wären interessant, ärztliche Versorgung ist ein Thema, für das Leute einfliegen, Schauräume für Autokonzerne. Das macht gute Airport-Citys aus. Schraubenfabrik brauchen wir keine. SN: Wie weit sind die Pläne? Wir haben eine Idee, wie groß es werden muss, und wir diskutieren, wohin das Terminal kommt. Dann brauchen wir Experten, die für uns planen. Wenn wir in fünf bis acht Jahren anfangen können zu bauen, ist das eine Herausforderung. SN: Der Flughafen hat den Eigentümern Land und Stadt zuletzt Millionen abgeliefert. Wird man jetzt von der Cashcow zum Kostenfaktor? Wir müssen schauen, was der Flughafen stemmen kann. Es braucht aber sicher ein klares Commitment von Stadt und Land, wie man die Zukunft des Flughafens darstellen will. Die Diskussion führen wir derzeit aber noch nicht, weil wir die Größenordnung noch nicht kennen. Da ist es relevant, ob ich 80 oder 120 Mill. Euro brauche. SN: Wieso soll man in unsicheren Zeiten so viel investieren? Ich bin zuversichtlich, dass die gesamte Gesellschaft den Flughafen braucht und unterstützt. Der Flugverkehr ist in der Kritik, weil er als einzelne Branche extrem angreifbar ist. Millionen von Einzelautofahrern, die dem Klima schaden, sind schwerer fassbar. Und der Flugverkehr wird sich verändern müssen: grünere Treibstoffe, modernere Flugzeuge, weniger Verbrauch. Nur ein Feindbild aufzubauen scheint mir aber nicht sinnvoll zu sein, um die Probleme unserer Zeit zu lösen.