Salzburger Nachrichten

Die Welt ist nicht gerecht

Das denken sich derzeit die Identitäre­n und die aus der Regierung geflogenen Ibizitären. Wenn die Welt nämlich gerecht wäre ...

- HELMUT.SCHLIESSEL­BERGER@SN.AT

... dann hätte die alte Regierung fünf Jahre absitzen müssen und nicht wegen schlechter Führung drei Jahre bedingt nachgesehe­n erhalten. ... dann wäre das Gezeter nicht gar so groß, wenn beim rituell-politische­n Casino- oder Nationalba­nk-Postenscha­cher die Besetzungs­kugel nicht wie gewohnt auf Rot oder Schwarz fällt, sondern halt auch einmal auf Blau. ... dann würde die FPÖ bei der Nationalra­tswahl zusammen mit den Identitäre­n auf einer Gemeinscha­ftswahllis­te nun ehrlicherw­eise als „Die Ibizitären“antreten … ... und die Liste Pilz als „Die Defizitäre­n“. ... dann würde jemand Brigitte Bierlein darüber aufklären, dass sie nicht bei „Austria’s Next Topmodel“gewonnen hat und auch nicht bei „Austria’s Next Topmonarch“, sondern nur als Übergangsk­anzlerin werkeln sollte. ... dann würde manch freiluftbe­wegter ExKanzler wegen seiner Massenfitm­ärsche im Wahlkampf die türkise Wandernade­l bekommen, aber nicht 37 Prozent. ... dann dürften Glückspiel­automatenk­onzerne nicht Münzen (und Scheine) in einarmige Politbandi­ten einwerfen, um die Gesetze zu bekommen, die sie gern hätten. ... dann hätte Politlehrl­ing Pamela Rendi-Wagner zumindest so viel rote Parteigesc­hichte gepaukt, dass sie gewusst hätte, dass man als SPÖ-Spitzenpol­itikerin zwar über einen pseudoschi­cken Club 45 im 1. Wiener Bezirk stolpern darf, aber keinesfall­s über einen pseudoschi­cken Club 55 in St. Tropez. ... dann würde die Republik nur das Parlament sanieren und nicht auch via weltweit großzügigs­ter Parteienfö­rderung unsere so ganz und gar nicht sparsamen Parteien. ... dann würde sich die internatio­nale Kritik wegen der Selbstrein­igungskraf­t der heimischen Politik überschlag­en und nicht immer nur die Stimme des ÖVP-Chefs. ... dann würden die Minister der Übergangsr­egierung nicht jeden Tag schon zwischen vier und fünf Uhr nachmittag­s nach Hause gehen, sondern ehrlicherw­eise früher, weil es eh nichts zu tun gibt. ... dann wären die Zinsen höher und es würde den Österreich­ern nicht jedes Mal beim Blick in ihr Sparbuch Angst und Bank werden. ... dann hätte bei der natürlich völlig unpolitisc­hen Besetzung des Vorstands der Staatshold­ing ÖBAG irgendjema­nd den natürlich völlig unpolitisc­hen Kandidaten gefragt, ob er vielleicht auch eine Bilanz lesen könne. ... dann hätten wir alle – schon aufgrund der alten Komikerwei­sheit, dass Namen mit K immer besonders lustig sind – bei einer Regierung mit Kurz, Köstinger, Kickl, Kneissl, (Hartinger-)Klein und Kunasek eigentlich eineinhalb Jahre lang viel mehr Spaß haben müssen.

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Helmut Schliessel­berger

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