Rot-Weiß-Rot belebt die Bundesliga
Österreich stellt 32 Legionäre und dazu viel Know-how auf den deutschen Trainerbänken. David Alaba startete mit einem Heimremis.
So ganz geheuer ist manchen die österreichische Offensive in der deutschen Bundesliga noch nicht. Oliver Glasner hatte die Lacher auf seiner Seite, als er dieser Tage vor seinem Ligadebüt als Trainer mit dem VfL Wolfsburg erklärte: „Es ist nicht so, dass wir in Österreich eine andere Sportart praktiziert hätten.“
Der ehemalige LASK-Coach konterte damit Anspielungen, wonach er nun in der großen Fußballwelt gelandet sei, während er noch eben im provinziellen „Ösi-Fußball“werken musste. Der 44-Jährige konnte auf die Erfolge von Red Bull Salzburg gegen Borussia Dortmund und RB Leipzig in der Europa League verweisen. Lediglich die Zuschauerzahlen und die Zahl der Medienund Sponsorentermine habe zugenommen. Die haben sich im Vergleich zu Österreich verfünffacht, schätzt Glasner. Aber: „In der täglichen Arbeit mache ich nichts anders“, stellte er klar.
Es hat schon seine Gründe, dass die deutsche Bundesliga in ihrer 57. Saison so viel Österreich beinhaltet wie noch nie. Die Rekordzahl von 32 rot-weiß-roten Legionären bereichert die Teams. Nur drei von 18 Clubs kommen ganz ohne Österreicher aus. Der kleine Nachbar stellt zwei Cheftrainer – neben Glasner noch Adi Hütter bei Eintracht Frankfurt – sowie zahlreiche weitere Experten in den Betreuerstäben. Athletik-, Konditions- und Taktiktrainer aus Österreich sind ebenso gefragt wie Aktive auf dem Platz. Auch das ist eine Folge des Eindrucks, den die Salzburger Bullen mit ihrem Dauertempofußball hinterlassen haben. Und Marco Rose, der damit auch viel zu tun hatte (siehe Interview Seite 19), verstärkt mit einem Großteil seines vormaligen Salzburger Trainerteams bei Mönchengladbach noch den Knowhow-Zuwachs aus Österreich.
Heißester Titelkandidat unter den 32 ÖFB-Spielern ist wieder einmal David Alaba, der mit dem FC Bayern gestern die Bundesligasaison mit einem 2:2-Heimremis gegen Hertha BSC eröffnet hat. Nach sieben Titeln in Folge für München tönen die Herausforderer heuer aber so selbstbewusst wie lang nicht mehr. Borussia Dortmund möchte die Dauerherrschaft des deutschen Fußball-Rekordchampions beenden. „Wir wollen Meister werden“, betont BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Während der Seriensieger aus München in der Vorbereitung hauptsächlich mit der unendlichen TransferGeschichte um Stürmer Leroy Sané (Manchester City) und dem offenbar bevorstehenden Ende der Ära von Vereinspatron Uli Hoeneß Gesprächsstoff lieferte, fokussierten sich die Dortmunder nach dem bitteren zweiten Platz in der Vorsaison auf ihre Meister-Mission. „Mit unserer neuen Mannschaft ist die Chance gestiegen, dass wir 2020 den Titel holen. Wir müssen sie nur beim Schopf packen“, sagte Kapitän Marco Reus dem „Kicker“.
Der prominente Frontenwechsler Mats Hummels, der nach drei Jahren in München zurück nach Dortmund transferiert worden ist, steht dabei besonders im Fokus. Im Supercup unterstrich die Borussia mit dem 2:0-Sieg vor eigenem Publikum ihre Titelambitionen eindrücklich, während der Serienmeister noch so seine Probleme hatte.
Von den anderen Österreichern hat just Martin Hinteregger noch vor dem ersten Ankick neue Popularitätshöhen erreicht, und das mit einem eigentlich höchst unvorteilhaften Auftritt. Die Frankfurter Fans liegen dem Ex-Salzburger zu Füßen. Ein verwackeltes Handyvideo, das ihn schwer torkelnd auf einem Dorffest zeigt, hat die Begeisterung um „Hinti“, den untypischsten unter den Fußballprofis, sogar noch verstärkt.
Ähnliche Begeisterung genießt Christopher Trimmel als Kapitän des Aufsteigers Union Berlin. Der Club aus dem Stadtteil Köpenick verkörpert das Gegenmodell zu den Topclubs der zunehmend globalisierten Liga, die mit Testspielen in China und den USA nach neuen Märkten schielen. Trimmel passt ideal zum Union-Image und ist mit einem riesigen Adlertattoo auf der Brust quasi sein eigenes Schaufenster: Der Ex-Rapidler fertigt selbst Tätowierungen an. Gewinner einer Tombola in Wien dürfen sich über einen Berlin-Flug samt Matchbesuch bei der Union freuen – und als Extra bekommen sie von Trimmel ein Tattoo gestochen.