Ö-Tube ist ein verspätetes Widerstandsnest mit vielen Haken
Was für den ORF gut ist, muss nicht zwangsläufig gut für Österreich sein. Vor allem nicht, wenn es die Marktdominanz verstärkt.
Nun also Ö-Tube: Die VP packt im Wahlkampf aus, was sie als Regierungspartei in der Schublade versenkt hat. Denn die von Gernot Blümel veranstaltete Medienenquete, die sein Vorgänger Thomas Drozda nicht mehr zustande gebracht hatte, bewirkte in Sachen ORF auch nicht mehr als die Nullnummer des einstigen SP-Ministers. Dass dieser nun sogar als roter Geschäftsführer den Vorschlag des türkisen Nachfolgers gutheißt, ist ein positiver inhaltlicher Ausnahmefall im aktuellen Wahlkampf.
Der Vorstoß wirkt als Indiz dafür, dass die VP nun wirklich von einer neuerlichen Koalition mit der FP abrückt. Denn mit ihr als Partner erscheint alles unmöglich, was dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hilft. Der jedoch hat mit dem in der Realisierung bereits fortgeschrittenen ORF-Player schon eine Art Ö-Tube in der Hinterhand. Dabei handelt es sich um eine digitale Plattform mit vielfältigen Anwendungen von der TVthek bis zu Social-MediaFunktionen. Sie soll allen österreichischen Medienunternehmen für ihre Inhalte und zur gemeinsamen Vermarktung offenstehen. Das ist mit dem Etikett Ö-Tube eher vorstellbar als unter dem Titel ORF-Player.
Die Sache hat aber mehr Haken als nur die enorme Verspätung eines solchen Widerstandsnestes gegen die globalen Riesen Facebook, Google & Co. Nicht von ungefähr beschränkt sich das Lob des Vorschlags auf die damit verbundene Verlängerung des bisher auf sieben Tage limitierten Verbleibs von Sendungen in der TVthek sowie die Teilnahmeeinladung an private Anbieter. Für solche verschärfen sich die Nachteile im Wettbewerb durch eine Erweiterung der Präsenzfrist für Beiträge mit öffentlich-rechtlicher Finanzierungsgrundlage. Während ORF-Videos dann mehr denn je frei verfügbar sind, können rein betriebswirtschaftlich organisierte Anbieter ihre Information auch online zusehends bloß kostenpflichtig offerieren. Denn das analoge Geschäftsmodell, das digitale Gratisangebote lang mitgetragen hat, funktioniert nicht mehr.
Das wiederum führt unweigerlich zu einer noch stärkeren Dominanz des ORF in der Österreich-Information. In einem der höchstkonzentrierten Medienmärkte liegt er bei Internet, Radio und TV unangefochten voran. Das mag aufgrund seiner gesetzlich festgeschriebenen Qualitätspflicht argumentierbar sein, verengt in der absehbaren Form jedoch den Blick auf die Republik. Wer Ö-Tube sagt, muss also auch Rundfunkgebühr sagen. Dabei geht es nicht im FP-Sinn um ihre Abschaffung, sondern um die Frage, wer was warum davon kriegt.