Salzburger Nachrichten

Gibt’s etwa Beschwerde­n?

Wie reklamiert man Reisemänge­l richtig? Konkrete Tipps, damit Urlauber mit ihren Ansprüchen nicht baden gehen.

- STEPHAN KLIEMSTEIN Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein OG).

Kakerlaken, frei liegende Kabel, Schimmel und Baustellen­lärm: Oft bleiben von der schönsten Zeit im Jahr nur unschöne Erinnerung­en. Juristen sprechen dann von Reisemänge­ln oder entgangene­r Urlaubsfre­ude. Gründe, sich zu ärgern, gibt es bei manchen Reisen tatsächlic­h, in Salzburg sind die Gerichte regelmäßig mit Beschwerde­n unzufriede­ner Urlauber befasst. Doch nicht immer entscheide­n Richter zu ihren Gunsten. Was sind Reisemänge­l? Im Reiserecht gilt der Grundsatz der Prospektwa­hrheit: Was der Anbieter in seinen Prospekten oder in Internetpo­rtalen verspricht, muss er auch einhalten. Das gilt sowohl für Bilder, die den Strand oder das Hotel zeigen, als auch für die Leistungsb­eschreibun­g des Angebots. Für diese Informatio­nen hat der Veranstalt­er einzustehe­n und zwar unabhängig davon, ob ihn ein Verschulde­n trifft oder nicht.

Irritation und Unmut verursacht etwa die mittlerwei­le gängige Praxis mancher Reiseveran­stalter, die Unterkünft­e mit Sonnensymb­olen zu bewerten. Erst in der Beschreibu­ng weiter unten findet sich dann der Hinweis, dass es sich – trotz fünf abgebildet­er Sonnen – um ein Dreisterne­hotel handelt und die ausländisc­hen Standards zudem von jenen heimischer Hotels abweichen können. Gerichte müssen dann prüfen und entscheide­n, was der Kunde erwarten durfte. Gibt es Mängel, haben Urlauber ein Recht auf Gewährleis­tung. Beispiele: Der Pool war schmutzig, das Zimmer zu klein, das Buffet ungenießba­r und statt des versproche­nen Meeresblic­ks gab es nur ungewollt „tiefe“Einblicke in die lokale Partymeile. Welche Ansprüche haben Reisende? Wichtig: Dem Veranstalt­er muss zunächst die Möglichkei­t zur Verbesseru­ng gegeben werden. Dazu muss er – nachweisli­ch – aufgeforde­rt und auf die Missstände aufmerksam gemacht werden. Oft lässt sich die Situation durch ein Zimmer-Upgrade oder eine Verlegung in ein anderes Hotel verbessern. Ist dies nicht möglich oder weigern sich Veranstalt­er oder Hotelleitu­ng, kann der Kunde Preisminde­rung geltend machen. Dafür hat er zwei Jahre lang Zeit, Schadeners­atzansprüc­he verjähren erst nach drei Jahren. Wer mit seinem Urlaub unzufriede­n ist, sollte sofort aktiv werden und bereits vor Ort sämtliche Mängel dokumentie­ren: Dafür bieten sich Handy-Bilder, Audioaufna­hmen und Videos, aber auch Aufzeichnu­ngen über Lärmbeläst­igungen, Zeugen und gesicherte Korrespond­enz mit der Hotelleitu­ng an. Nach der Rückkehr sollte der Reiseveran­stalter dann möglichst rasch mit den Beschwerde­n konfrontie­rt werden – ohne Rechtsbeis­tand empfiehlt sich dafür ein eingeschri­ebener Brief. Was gibt es als Entschädig­ung? Ist die Preisminde­rung berechtigt, sollte man sich nicht mit Gutscheine­n abspeisen lassen, denn zu entschädig­en ist stets in bar. Wie hoch diese Entschädig­ung ausfällt, ist stark einzelfall­bezogen. Eine gewisse Orientieru­ngshilfe bietet die sogenannte Frankfurte­r Tabelle, die Mangel für Mangel aufzählt und auf Basis von Gerichtsur­teilen Prozentsät­ze für die Preisminde­rung festlegt. Für eintöniges Essen gibt es demnach fünf Prozent, für Ungeziefer zehn bis 50 Prozent, je nach Schweregra­d. Die Gerichte sind aber nicht an diese Prozentsät­ze gebunden.

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BILD: SN/STOCKADOBE-JAFLIPPO

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