Mit der Banane am Steuer
Ein englischer Bekannter von mir fuhr allein in seinem Auto im ländlichen Sussex und aß eine Banane. Ein Polizeifahrzeug kam ihm entgegen. Die Polizisten fuhren langsam an ihm vorbei und starrten auf seine Banane. Er nickte ihnen kauend freundlich zu. Im Rückspiegel sah er, dass die Polizisten wendeten. Sie überholten ihn und signalisierten ihm, anzuhalten. Ein älterer Polizist kam zu seinem Wagen. „Sie essen eine Banane“, sagte der Polizist.
„Ja, das stimmt, ich esse eine Banane.“„Während der Fahrt.“
„Ja, das ist richtig. Während der Fahrt.“„Sie wissen, dass es Ihre Fahrtüchtigkeit einschränkt, wenn Sie eine Banane essen, während Sie das Fahrzeug lenken.“
„Nein, die Banane beeinträchtigt mich nicht beim Fahren. Ich kann ein Stück abbeißen und mich dennoch auf den Verkehr konzentrieren.“
Der Polizist blickte ihn ernst an. „Sie wissen, dass es Ihre Fahrtüchtigkeit einschränkt, wenn Sie eine Banane essen, während Sie das Fahrzeug lenken“, wiederholte er und schaute ihn besorgt, beinahe hilfesuchend an. Meinem Bekannten wurde klar, was der Polizist wollte.
„Ja, natürlich. Meine Fahrtüchtigkeit ist eingeschränkt, wenn ich eine Banane esse, während ich das Fahrzeug lenke“, sagte er. Der Polizist nickte zufrieden und erleichtert. „Gut“, sagte der Polizist. „Dann wünsche ich noch eine gute Fahrt.“Der Polizist stieg in sein Polizeiauto und winkte freundlich, bevor er sich aufmachte, den nächsten heiklen Fall zu lösen. Der Polizist war ein freundlicher Mann mit klaren Vorstellungen. Nirgendwo, nicht mal in Brexitannien, gibt es die dezidierte Straßenverkehrsregel, die Bananen am Steuer untersagt, aber wer weiß, vielleicht hatte der Polizist einmal einen schrecklichen Verkehrsunfall erlebt, bei dem eine Banane eine entscheidende Rolle gespielt hatte. Die Banane ist ja geradezu ein Sinnbild für eine lächerliche, aber unterschätzte Gefahr und die freundliche Art, mit der der englische Polizist meinen Bekannten zur Anerkennung dieser Gefahr gebracht hatte, ist vorbildhaft. Ohne Strafe, nur mit dem Ziel, den Straftäter zu einem Satz zu bewegen, der seine Schuld bestätigt. Wie hätte eine offizielle Anzeige auch ausgesehen? „Drove with a banana“? Vielleicht hätte es sogar einen Prozess gegeben. Man kennt die Bilder aus englischen Gerichten. Ehrwürdige Damen und Herren mit gepuderten Perücken, die den „Banana-Case“aufarbeiten. Gut, dass es dazu nicht gekommen ist. England macht sich in jüngster Zeit auch so schon lächerlich genug.
Ich hab es irgendwie schon früher geahnt. Anfang der 80er-Jahre war ich mit einem Freund zusammen in Assuan und wir fuhren mit einer Feluka auf dem Nil. Drei Tage lang, zusammen mit drei jungen Engländern, die sich vor der Abfahrt eine ganze Packung Kohletabletten verabreicht hatten, damit sie während der Fahrt nicht in den den Fluss kacken mussten. Die drei waren merkwürdig. Sie aßen Streichhölzer und wollten dem Feluka-Kapitän sein Boot abkaufen, weil es so billig sei.
Der in seinem Stolz gekränkte Kapitän sprach kein Wort mehr mit den jungen Engländern, die sich wie Kolonialherren aufführten. Irgendwann entfernten sie von den Mineralwasserflaschen die Etiketten und steckten sich auch die in den Mund. Wir schauten ihnen irritiert zu. „Don’t worry, we are british“, sagten sie. Und ich ahnte: one should worry.