Salzburger Nachrichten

Wickie ist zurück

Besuch im Wikinger-Zentrum Ribe in Dänemark. Spannende Einblicke in den Alltag der legendären Nordmänner.

- URSULA ANGELIKA KÜFFNER

Erling Mario Madsen kommt auf die Besucher zu. Wollene Überkleidu­ng, Vollbart, um den Hals einen Fuchspelz – das ist die Kleidung eines wohlhabend­en Mannes, genauer gesagt, eines Sklavenhän­dlers. Madsen ist eigentlich Archäologe, spezialisi­ert auf das Mittelalte­r, und schlüpft im Wikinger-Zentrum bei Ribe, im Süden von Dänemark, gern in historisch­e Rollen.

Der Wissenscha­fter, der vorher als Ausgrabung­sleiter gearbeitet hat, ist seit zwei Jahren im Wikinger-Zentrum beschäftig­t. Er ist für den authentisc­hen Aufbau von neuen Gebäuden zuständig und unterricht­et nebenbei die Schüler des Zentrums. Man merkt sofort, dass der Vater von drei Kindern, dessen Frau als Lehrerin arbeitet, seine Arbeit liebt. Begeistert zeigt er den großen und auch kleinen Besuchern auf dem Gelände die Kirche, die gerade nach dem Vorbild der ersten Kirche Dänemarks gebaut wird, jener, die der deutsche Mönch Ansgar errichten ließ.

In dem knapp zehn Quadratkil­ometer großen Gelände haben auch zahlreiche Handwerker eine Arbeit gefunden: Tischler und Zimmerleut­e, Schmiede und Schneider. Sie alle haben – anhand von archäologi­schen Funden – die Gebäude rekonstrui­ert wie auch authentisc­he Kleidung und Schmuck geschaffen.

Erling Mario Madsen ist stolz auf seine Wikingerkl­eidung, die seine Schüler für ihn genäht haben. Wie alle anderen Beschäftig­ten des Dorfes auch ist er exakt gekleidet wie die berühmten nordischen Seefahrer und Krieger vor über 1200 Jahren. Das gilt auch für die vielen Wikingergr­uppen aus Deutschlan­d und der Schweiz, die das Zentrum jährlich besuchen. Sie wohnen dann kostenlos in den Gebäuden und dienen als lebende „Dekoration“des Dorfes.

Den größten Spaß daran hat jedoch der Nachwuchs. Das Wikinger-Zentrum ist hoch begehrt für Schulausfl­üge und bei Besuchern mit Kindern. Die jungen Gäste dürfen dann lernen, auf Wikinger-Art mit Pfeil und Bogen zu schießen, können Münzen prägen, Pfeile schnitzen und einer Falkner-Show beiwohnen. Dazwischen wird das Dorf erkundet, mit vielen Einblicken in den Alltag der Wikinger.

Ganz in der Nähe hat Ribe, die älteste Stadt Dänemarks, den Besuchern einiges zu bieten. Auch Erling Mario Madsen kommt in seiner Freizeit oft zum Einkaufen und Bummeln hierher. Schließlic­h ist die alte Wikingerme­tropole ja das Vorbild für sein Wikingerdo­rf. Viele Jahrhunder­te hat das Kopfsteinp­flaster auf seinen zahllosen Buckeln, die Gassen sind eng und krumm. An den Häusern ranken sich üppige Rosenbüsch­e nach oben, Hortensien blühen in Vorgärten. Nicht zu übersehen ist der stolze Dom mit seinen Türmen. Läden und Boutiquen bieten hübsche Souvenirs aus Glas oder Wolle an, und am kleinen Hafen blitzt das Weiß von Segelboote­n und Yachten.

Ganz besonders freuen sich aber Madsens Kinder, wenn es nach Rømø geht, auf Dänemarks südlichste Insel. Praktische­rweise durch einen Damm mit dem Festland verbunden, gleicht das kleine Eiland einem riesigen Sandkasten. Und durch den breiten Dünengürte­l geht es schließlic­h zum kilometerl­angen schneeweiß­en Sandstrand. Hier ist dann Planschen und Schwimmen in den erfrischen­den Nordseewel­len angesagt – die niedrigen Wassertemp­eraturen machen einem echten Wikinger ja schließlic­h nichts aus!

 ?? BILDER: SN/RVC (3),KÜFFNER ?? Zeitreise zu den Wikingern: Kochstelle über dem Feuer im Langhaus, Erling Mario Madsens Outfit, Scheinkämp­fe gegen die jungen Gäste und beschaulic­hes Dorfleben (von links oben im Uhrzeigers­inn).
BILDER: SN/RVC (3),KÜFFNER Zeitreise zu den Wikingern: Kochstelle über dem Feuer im Langhaus, Erling Mario Madsens Outfit, Scheinkämp­fe gegen die jungen Gäste und beschaulic­hes Dorfleben (von links oben im Uhrzeigers­inn).
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