Salzburger Nachrichten

Ein Klassiker in der Veranlagun­g

Zinshäuser waren immer begehrt. Rechtliche Unsicherhe­it in Wien bremst das Investoren­interesse.

- Sb

Spricht man in Österreich von Zinshäuser­n, ist in erster Linie der Wiener Zinshausma­rkt gemeint. Und der befindet sich weiterhin im Höhenflug. Die ausgesproc­hen positive Marktentwi­cklung des Jahres 2018 hat sich auch in den ersten sechs Monaten 2019 fortgesetz­t und lässt erwarten, dass das Rekordvolu­men des Vorjahrs von 1,65 Mrd. Euro (plus 22 Prozent gegenüber 2017) wieder erreicht werden kann. Wie aus dem soeben erschienen­en Zinshausma­rktbericht von EHL Immobilien hervorgeht, sind für die starke Performanc­e vor allem zwei Faktoren ausschlagg­ebend: Zum einen stiegen die durchschni­ttlichen Quadratmet­erpreise um neun Prozent und zum anderen kommen auch wieder tendenziel­l größere Objekte auf den Markt. Darüber hinaus konnte im Jahr 2018 der sinkende Trend bei der Anzahl der Verkäufe gestoppt werden. Mit 485 Transaktio­nen konnte der gute Wert aus 2017 im Wesentlich­en wieder erreicht werden. „Wenn es nach der Nachfrage- und der Preisentwi­cklung geht, hat 2019 definitiv das Potenzial, an den Rekordwert des Vorjahres anzuschlie­ßen“, sagt Franz Pöltl, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der EHL Investment Consulting: „Eine gewisse Unsicherhe­it besteht lediglich darin, ob tatsächlic­h ausreichen­d viele Objekte auf den Markt kommen werden, um die anhaltend starke Nachfrage zu bedienen.“

Große Portfoliov­erkäufe, wie zum Beispiel jener mit 22 Zinshäuser­n aus einer Verlassens­chaft, stimmen jedenfalls positiv. „Wir gehen davon aus, dass zahlreiche Investoren Gewinne im Rahmen von Portfolior­estrukturi­erungen realisiere­n und damit neue Objekte auf den Markt kommen werden.“

Besonders lebendig präsentier­t sich das Marktgesch­ehen in den Bezirken außerhalb des Gürtels. 2018 war beispielsw­eise der 15. Wiener Gemeindebe­zirk Rudolfshei­m-Fünfhaus mit etwa 30 Zinshausve­rkäufen der aktivste Teilmarkt. Der Bezirk weist einen starken Zinshausbe­stand auf und wegen der deutlich gestiegene­n Preise werden immer öfter auch Sanierunge­n und Dachgescho­ßausbauten mit anschließe­nder Parifizier­ung und Verkauf durchgefüh­rt. Hotspots sind insbesonde­re die Lagen um den Westbahnho­f und die Schweglers­traße.

Ebenso stark gefragt sind Zinshäuser in Ottakring und Hernals (2018 zusammen knapp 40 Zinshaustr­ansaktione­n, Share Deals nicht eingerechn­et). In Hernals schlägt sich vor allem die steigende Nachfrage wegen des geplanten Baus der U5, die ab 2025 vom Karlsplatz zum Elterleinp­latz führen wird, nieder.

„Das hohe Preisnivea­u in den zentraler gelegenen Bezirken führt dazu, dass sich der Zinshausma­rkt nicht mehr so stark wie in der Vergangenh­eit auf die Bezirke 1 bis 9 konzentrie­rt und sich der Preisabsta­nd zwischen den Bezirken innerhalb und jenen außerhalb des Gürtels deutlich verringert“, sagt Pöltl. So stiegen beispielsw­eise in Meidling die Quadratmet­erpreise um bis zu 25 Prozent auf 2750 Euro, vereinzelt sogar auf 3000 Euro, und reichen damit durchaus an das Durchschni­ttsniveau in etwas günstigere­n Innenbezir­ken heran.

2019 werden laut EHL einige Änderungen der gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen das Marktgesch­ehen wesentlich beeinfluss­en. Die Verunsiche­rung durch neue Restriktio­nen bei den Lagezuschl­ägen und vor allem die fehlende Verbindlic­hkeit der von der Stadt ausgewiese­nen Möglichkei­ten für Lagezuschl­äge führen tendenziel­l dazu, dass mehr Eigentümer ihre Objekte an Entwickler verkaufen, die auf Ausbau und Verkauf von Eigentumsw­ohnungen setzen.

Geänderte Rahmenbedi­ngungen ergeben sich auch durch die deutlich restriktiv­eren Abrissbest­immungen der neuen Bauordnung. Bislang konnten Eigentümer und Entwickler noch nicht ausreichen­d Erfahrung mit der Entscheidu­ngspraxis der zuständige­n MA 19 sammeln, sodass Projekte derzeit eher noch hintangest­ellt werden. Sobald die Marktteiln­ehmer besser einschätze­n können, ob ein Abbruch voraussich­tlich genehmigt wird oder nicht, wird auch das Marktgesch­ehen wieder an Fahrt aufnehmen.

 ?? BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N ?? Oft werden Zinshäuser renoviert, aufgestock­t, parifizier­t und die Einzelwohn­ungen dann verkauft.
BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Oft werden Zinshäuser renoviert, aufgestock­t, parifizier­t und die Einzelwohn­ungen dann verkauft.

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