Salzburger Nachrichten

„Wir werden beim Gitzentunn­el nicht lockerlass­en“

Peter Unterkofle­r ist der einflussre­ichste Industrieb­oss im Land. Er spricht über Parteispen­den, sein Verhältnis zur Macht, die starken Frauen in seiner Familie und strukturel­le Probleme für Salzburgs Wirtschaft.

- Peter Unterkofle­r HERMANN FRÖSCHL

Die Jacoby-Pharma-Gruppe in unmittelba­rer Nähe des Hofbräuhau­ses Kaltenhaus­en in Hallein baut gerade aus. Die Spagyra GmbH, ein Hersteller von homöopathi­schen Präparaten, der bislang in Grödig war und an dem Jacoby beteiligt ist, siedelt sich mit 40 Mitarbeite­rn an. Jacoby gehört zu den am schnellste­n wachsenden Betrieben in Salzburg – innerhalb von nur zehn Jahren hat sich der Umsatz dank Fusionen auf 420 Mill. Euro vervierfac­ht. Und der Eigentümer ist nicht irgendwer: Peter Unterkofle­r ist auch Präsident der Salzburger Industriel­lenvereini­gung (IV). SN: Herr Unterkofle­r, Sie sind erfolgreic­her Unternehme­r, IV-Präsident in Salzburg und sehr gut vernetzt in die regierende ÖVP. Was bedeutet Ihnen Macht? Macht ist für mich ein schwierige­s Wort. Verantwort­ung gefällt mir besser. Es ist wichtig, dass Verantwort­ung übernommen wird. Damit ist Macht verbunden, das stimmt. SN: Was stört Sie am Wort Macht? Es ist etwas negativ konnotiert. Die Industrie ist ein freiwillig­er Interessen­verband. Wir machen Vorschläge, entscheide­n muss die Politik. Eine Industriel­lenvereini­gung ist also einzig in dem Sinn mächtig, dass gute Argumente mächtig sein können. Aber wichtig ist, dass Verantwort­ung übernommen wird. Die Furcht vor Entscheidu­ngen, weil man die Reaktionen nicht abschätzen kann, ist der falsche Weg. SN: Der Name Unterkofle­r ist auch deshalb mit Macht assoziiert, weil Ihre Frau Vizebürger­meisterin der Stadt ist und für höhere Weihen (Bürgermeis­terin, Festspielp­räsidentin) genannt wird. Trauen Sie ihr das zu? Die Frage stellt sich nicht. Unser Zeitmanage­ment ist sehr straff. Ich habe meine Frau immer unterstütz­t bei dem, was sie macht. Und ich glaube, meine Frau denkt keine Sekunde darüber nach, was da in den Medien spekuliert wird. Sie hat immer eine gewisse Nähe zu den Festspiele­n gehabt, weil sie mit Philipp Spängler die „Next Generation“geleitet hat. Und wir sind sehr kunstaffin. Das ist es aber schon, und das ist gut so. SN: Wie funktionie­rt die Vereinbark­eit von Beruf und Familie im Hause Unterkofle­r? Das Zeitmanage­ment ist straff. Umso wichtiger ist es, dass die gemeinsame Zeit gut genutzt ist, Von Montag bis Freitag sind wir nicht viel zu Hause. Wir sind aber beide unsere eigenen Chefs, können die Zeit einteilen und sind da, wenn uns die Kinder brauchen. Ich glaube, wir kommen alle super zurecht. Weniger wird die Zeit für einen selbst. Ich habe früher Golf gespielt, das ist vorbei. SN: Aber ohne externe Hilfe geht das nicht . . . Nein. Wir hatten immer eine Haushaltsh­ilfe. Wir haben meine Mutter, die Schwiegerm­utter, die Großeltern, das funktionie­rt gut. SN: Wie beurteilen Sie den Ausbau der Kinderbetr­euung im Land? Ich war immer dafür, dass man Kinderbetr­euungsplät­ze viel stärker ausbaut. Die Menschen sollen Wahlfreihe­it haben. Dass es noch immer wenige Frauen in Führungsfu­nktionen gibt, hat viele Ursachen. Eine ist, dass es an den Betreuungs­plätzen fehlt. Und ich halte es für den falschen Weg, wenn Gemeinden jene finanziell unterstütz­en, die ihre Kinder daheim lassen. Ich bin immer dafür, Sachleistu­ngen vor Geldleistu­ngen zu stellen. Und da ist es Aufgabe der Gemeinde, diese Sachleistu­ng anzubieten.

SN: Ein anderer Grund ist, dass noch immer wenige Männer bereit sind, beruflich zurückzust­ecken und zu Hause zu bleiben.

Das ist eine höchstpers­önliche Entscheidu­ng der Ehepartner. Ich komme aus einer Familie mit starken Frauen. Meine Mutter hat das Unternehme­n geführt, meine Schwiegerm­utter war Landesräti­n, meine Frau ist Vizebürger­meisterin. Meine Cousine führt mit mir das Unternehme­n. Ich halte eine stärkere Durchmisch­ung für sehr wichtig, sehe in gesetzlich­en Quoten aber nicht den richtigen Weg. Man muss an den richtigen Stellschra­uben drehen. Und dazu gehört eine gut ausgebaute Kinderbetr­euung.

SN: Die Industriel­lenvereini­gung hat die letzte türkis-blaue Bundesregi­erung begrüßt. War das ein Fehler?

Ich war zwar nicht mit allen Punkten einverstan­den, aber wirtschaft­spolitisch ging das nach Jahren des Stillstand­s in die richtige Richtung. Nach dem Ibiza-Video war es aber mehr oder weniger unausweich­lich, dass es zu Neuwahlen kommt.

SN: Würden Sie Türkis-Blau wieder begrüßen?

Ich halte nichts von Wahlempfeh­lungen. Am besten wäre, wenn es größtmögli­che Auswahl gibt. Wenn sich möglichst viele Koalitione­n ausgehen würden. So wie zuletzt in Salzburg. Das bietet echte Verhandlun­gschancen.

SN: Parteispen­den gerieten mit dem Ibiza-Video generell in den Geruch von Korruption. Industriel­le sind aber wichtige Spender für Parteien.

Ich halte Parteispen­den für nichts Schlechtes, ich finde es auch populistis­ch, Spenden über 7500 Euro jetzt zu verbieten. Entscheide­nd wäre mehr Transparen­z, doch das fehlt wieder.

SN: Warum spenden Industriel­le an Parteien?

Als Industriel­lenvereini­gung spenden wir in Salzburg gar nicht an Parteien. Wir halten Kontakt mit allen Gruppierun­gen, aber spenden tun wir nicht. Als Unternehme­r ist es anders: Wenn jemand findet, dass eine Regierung positiv für das Land ist, und dann spendet, halte ich das nicht für verwerflic­h. Es darf nur keine Anlassgese­tzgebung geben, da muss man genau hinschauen.

SN: Salzburgs Wirtschaft ist kleinstruk­turiert. Das finden viele gut. Sie auch?

In den Köpfen der Menschen ist es so, dass wir ein Tourismusu­nd Handelslan­d sind. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. 25 Prozent der Wertschöpf­ung kommen aus Industrie und produziere­ndem Bereich. Das ist fast so viel wie Tourismus und Handel zusammen. Nur ist das leider zu wenig im Bewusstsei­n der Menschen. Deshalb betonen wir immer wieder: Wir haben eine starke Industrie. Und es gilt darauf zu achten, dass die Infrastruk­tur passt. Da haben wir sicher Nachholbed­arf, denn die einzige Entwicklun­gsmöglichk­eit für die Industrie gibt es im nördlichen Flachgau. Doch Widmungen werden dort immer wieder abgelehnt, weil Verkehrsgu­tachten negativ ausfallen.

SN: Der Gitzentunn­el wurde von der Landesregi­erung aber abgesagt. Fühlen Sie sich im Stich gelassen?

Ich hätte mir anderes gewünscht. Vermutlich war die Entscheidu­ng aber so zu treffen, weil der Ausbau des öffentlich­en Verkehrs ebenso drängt. Der Landeshaup­tmann hat aber betont, dass der Gitzentunn­el zwar aufgeschob­en, aber nicht versenkt ist. Diese Feststellu­ng war für uns wichtig. Denn der Tunnel darf nicht aus den Augen verloren werden. Weiter gedacht sogar mit einer Salzachbrü­cke und einer Anbindung nach Deutschlan­d. Das wäre ein Quantenspr­ung. Da werden wir nicht lockerlass­en.

SN: Auch in der Stadt gibt es wenig Entwicklun­gschancen für die Wirtschaft.

Ein spannendes Thema. Nehmen wir die Debatten um den Ausbau der Gebrüder Weiss in Schallmoos. Dort ist Gewerbeflä­che, und dann baut man rundum immer mehr Wohngebiet­e. Da sind Planungsfe­hler passiert, die zwangsläuf­ig Konflikte provoziere­n. Das ist ganz schlecht.

SN: Agiert die Stadt wirtschaft­sfeindlich?

Auf Landeseben­e sind Grüne und Neos mit der ÖVP in der Regierung. Da muss man auch andere Interessen berücksich­tigen, aber dafür haben wir eine vernünftig­e Wirtschaft­spolitik. In der Stadt finde ich, dass man über die Proporzreg­ierung nachdenken sollte. Klare Mehrheiten würden zu klarerer Ausrichtun­g führen.

Wir haben eine starke Industrie im Land. In der Infrastruk­tur gibt es aber gehörigen Aufholbeda­rf.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Peter Unterkofle­r steuert mit seiner Jacoby-PharmaGrup­pe mit Hauptsitz in Hallein von Rekord zu Rekord und vervierfac­hte den Umsatz binnen zehn Jahren auf 420 Mill. Euro.
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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER Unterkofle­r mit seiner Gattin Barbara, der Vizebürger­meisterin der Stadt.
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