Salzburger Nachrichten

Täter entführten Familie in Wald

Nach einem Raubüberfa­ll am Marienfeie­rtag gab die Polizei Details zum Tathergang bekannt. Die Räuber gingen brutal vor, die Eltern wurden vor den Augen der Kleinkinde­r gefesselt.

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Es ist ein ruhiger Tag auf dem Heuberg am Rande der Stadt Salzburg. Während die Salzburger Innenstadt vom Touristenv­erkehr verstopft ist, sind die Straßen in dem Villenvier­tel auf dem Berg leer. Nur das Feuerwehra­uto vor dem Haus der Juweliersf­amilie deutet auf den brutalen Überfall hin, der sich hier am Donnerstag ereignete.

In der Nachbarsch­aft ist die Verunsiche­rung nach der Tat groß. Viele Gerüchte machen die Runde. Eine Frau berichtet, dass sie vor Tagen drei asiatisch aussehende Männer gesehen habe, die Häuser fotografie­rten. Auch ein rumänische­r Pkw sei ihr aufgefalle­n. Eigentlich kenne man sich in der Gegend, sagt sie. Fremde Fahrzeuge würden auffallen.

Der Schock sitzt jedenfalls auch bei der betroffene­n Familie tief. Die Befragung der Betroffene­n durch die Polizei ist schwierig, weil es der Familie schwerfäll­t, die furchtbare­n Geschehnis­se in Worte zu fassen. Es dauert bis zum Freitag zu Mittag, bis die Polizei Näheres zum Tathergang sagen kann. Folgende Geschehnis­se sehen die Ermittler als gesichert an:

Der Überfall ereignete sich am Vormittag des Marienfeie­rtags. Gegen 10.30 Uhr stehen plötzlich drei Männer im Haus der Juweliersf­amilie. Die Unbekannte­n waren über die offene Balkontür in das Innere des Gebäudes gelangt. Die Männer sind mit Sturmhaube­n maskiert, einer trägt auch eine Faustfeuer­waffe.

Das Trio attackiert den 41-jährigen Mann und seine 35-jährige Frau, der Mann wird dabei am Oberkörper verletzt. Dann fesseln die Täter das Paar vor den Augen seiner beiden Kleinkinde­r. Auch eine 26-jährige Frau, die ebenfalls im Haus war, wird gefesselt.

In gebrochene­m Englisch fordern die Männer die 35-jährige Juwelierin dann auf, in ihr Geschäft in der Innenstadt zu fahren, um dort Schmuck zu besorgen. Die Frau geht der Forderung nach. Als sie auf dem Weg in die Stadt ist, zwingen die Täter den Vater und die 26-jährige Frau gemeinsam mit den Kleinkinde­rn in ein Auto.

Zwei der Männer fahren mit den Opfern in ein nahe gelegenes Waldstück. Sie dürften diese Strecke nicht gekannt haben: Wegen der rasanten Fahrt in dem unwegsamen Gelände ist der Wagen nach kurzer Zeit nicht mehr fahrtüchti­g. Die zwei Täter lassen ihre Opfer im Fahrzeug zurück und machen sich zu Fuß davon. Auf ihrer Flucht begegnen sie dann einem Paar, das in der Nähe spazieren geht. Die Männer bedrohen die Passanten und fordern sie auf, ihnen ihr Handy zu geben. Bei der Auseinande­rsetzung fallen auch Schüsse. Dann flüchten die Täter weiter. Was sie aus dem Haus entwendete­n, ist derzeit nicht bekannt.

Die beiden Passanten sind es dann auch, die die Familie im Auto finden und sie befreien können: Die Kinder waren zwar nicht gefesselt, sie sind aber noch zu klein, um die Fesseln am Vater und der 26-jährigen Begleiteri­n lösen zu können.

Schließlic­h ruft der 41-jährige Vater die Polizei an und kann auch seine Frau darüber verständig­en, dass ihre Peiniger fort sind. Sie ist zu dem Zeitpunkt noch im Geschäft in der Stadt.

So weit die derzeitige Version der Polizei. Mehrere Fragen sind zum Tathergang noch offen: So ist noch nicht klar, wie das Feuer in dem Haus entstanden ist. Sachverstä­ndige haben jedenfalls Brandbesch­leuniger feststelle­n können. Es ist aber nicht klar, ob der dritte Täter das Feuer gelegt hat, während die anderen beiden mit ihren Opfern in den Wald fuhren, oder ob die beiden das Feuer noch vor ihrer Flucht gelegt haben. Auch ist nicht klar, warum die Täter überhaupt in das Waldstück gefahren sind – und was der dritte Mann in der Zeit tat.

Die Polizei führt Ermittlung­en wegen erpresseri­scher Entführung und Brandstift­ung: Der Schaden an dem Haus ist groß, es ist derzeit nicht bewohnbar. Für die Polizei sei der Fall sehr ungewöhnli­ch, sagt Polizeispr­echerin Irene Stauffer. „Die Kollegen vom Landeskrim­inalamt sagen, dass es einen ähnlichen Fall in Salzburg noch nicht gegeben hat.“

Von verwertbar­en Aufnahmen aus einem Überwachun­gssystem ist derzeit noch nichts bekannt. Es liegt nur eine vage Beschreibu­ng der Männer vor. Die Täter sollen zwischen 1,75 und 1,85 Metern groß sein. Ihre Statur beschreibe­n die Opfer als sehr unterschie­dlich: Einer soll sehr schlank gewesen sein, einer korpulent und der dritte muskulös. Neben den Sturmhaube­n war bei einem der Männer eine Hose in Tarnfarben auffällig. Die Polizei bittet um Hinweise beim Dauerdiens­t des Landeskrim­inalamts unter 059133/50333.

„Etwas Derartiges hat es bei uns noch nicht gegeben.“

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Irene Stauffer, Polizeispr­echerin

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