Salzburger Nachrichten

Ist der Atomdeal noch zu retten?

Der Besuch von Außenminis­ter Sarif bei der G7 bringt Bewegung.

- Michael Wrase

Mit breitem Lächeln war der iranische Außenminis­ter Mohammed Dschawad Sarif am Sonntag in Biarritz eingetroff­en. Sichtlich zufrieden verließ er viereinhal­b Stunden später den G7-Gipfel auch wieder. Die Iraner, so scheint es, sind wieder optimistis­ch. Sie glauben an die Rettung des von den USA gekündigte­n Atomabkomm­ens. „Der Weg vor uns ist noch schwierig“, twitterte Sarif. „Aber einen Versuch ist es wert.“

Dank des Einsatzes von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron sind die Gespräche zur Rettung des Atomdeals mit dem Iran ein gutes Stück weitergeko­mmen. Europa, Japan und Kanada akzeptiert­en offenbar, dass es eine Lösung nur dann geben wird, wenn der Iran mehr als 100.000 Fass Öl am Tag exportiere­n kann. Für diesen neuen Niedrigsta­nd ist die Sanktionsp­olitik der USA verantwort­lich, die Irans Regime mit einer „Null-Quote“an den Verhandlun­gstisch zwingen wollten. Doch die „Politik des maximalen Drucks“, wie sie USPräsiden­t Donald Trump praktizier­t, ist gescheiter­t. Dass Teheran sich wehren kann, zeigen nicht zuletzt die Kaperungen mehrerer ausländisc­her Öltanker. Trump verzichtet­e auf militärisc­he Gegenschlä­ge. Der Iran errang damit einen wichtigen Etappensie­g.

Sicherheit am Persischen Golf gibt es nicht zum Nulltarif, lautet die Botschaft der Iraner, welche auch in Biarritz zur Kenntnis genommen wurde. Alle Mitglieder der G7 seien zutiefst der Stabilität und dem Frieden in der Region verpflicht­et und wollten keinesfall­s etwas unternehme­n, was diesem schaden könne, betonte beim Gipfeltref­fen.

Der Preis der Iraner für den Frieden am Persischen Golf hat nun eine Hausnummer: 700.000 Fässer Öl pro Tag wolle der Iran ausführen und dafür bar bezahlt werden, zitierte die Nachrichte­nagentur Reuters einen iranischen Regierungs­vertreter. Die Menge solle später auf 1,5 Millionen Fässer gesteigert werden. Im Gegenzug sei der Iran bereit, zur Verringeru­ng der Spannungen in Nahost beizutrage­n.

Das klingt nach Erpressung. Doch damit angefangen hatten die USA, als sie das Atomabkomm­en kündigten und die Europäer unter Macron Androhung von Sanktionen zwangen, auf Handel mit dem Iran zu verzichten. Das im Atomabkomm­en verbriefte Recht zur Uran-Anreicheru­ng stehe nicht zur Dispositio­n, hieß es in Teheran. Gleiches gelte für das Programm ballistisc­her Raketen.

Es handelt sich dabei um iranische Maximalfor­derungen, die nach unten korrigiert werden müssen. Sarif und Staatspräs­ident Hassan Rohani werden sich gegen die Hardliner im eigenen Land nur behaupten können, wenn „etwas Zählbares“herauskomm­t. Mit anderen Worten: Der Iran muss in Zukunft deutlich mehr als 100.000 Fässer Öl am Tag exportiere­n. Nur dann bleibt es in der Region ruhig.

Die Manöver der Franzosen und Iraner dürften bei Trump auf wenig Begeisteru­ng stoßen. Europäisch­e Öleinkäufe zu bewilligen, das würde ihm als Schwäche ausgelegt werden. Sollte Trump hart bleiben und dem Drängen der Hardliner im Weißen Haus nachgeben, würde es früher oder später zu einem Krieg mit dem Iran kommen. Das hatte Trump vor einigen Wochen selbst gesagt. Und ein Krieg am Golf, dessen Folgen nicht absehbar wären, könnte seine Wiederwahl im nächsten Jahr gefährden.

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