Ist der Atomdeal noch zu retten?
Der Besuch von Außenminister Sarif bei der G7 bringt Bewegung.
Mit breitem Lächeln war der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif am Sonntag in Biarritz eingetroffen. Sichtlich zufrieden verließ er viereinhalb Stunden später den G7-Gipfel auch wieder. Die Iraner, so scheint es, sind wieder optimistisch. Sie glauben an die Rettung des von den USA gekündigten Atomabkommens. „Der Weg vor uns ist noch schwierig“, twitterte Sarif. „Aber einen Versuch ist es wert.“
Dank des Einsatzes von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sind die Gespräche zur Rettung des Atomdeals mit dem Iran ein gutes Stück weitergekommen. Europa, Japan und Kanada akzeptierten offenbar, dass es eine Lösung nur dann geben wird, wenn der Iran mehr als 100.000 Fass Öl am Tag exportieren kann. Für diesen neuen Niedrigstand ist die Sanktionspolitik der USA verantwortlich, die Irans Regime mit einer „Null-Quote“an den Verhandlungstisch zwingen wollten. Doch die „Politik des maximalen Drucks“, wie sie USPräsident Donald Trump praktiziert, ist gescheitert. Dass Teheran sich wehren kann, zeigen nicht zuletzt die Kaperungen mehrerer ausländischer Öltanker. Trump verzichtete auf militärische Gegenschläge. Der Iran errang damit einen wichtigen Etappensieg.
Sicherheit am Persischen Golf gibt es nicht zum Nulltarif, lautet die Botschaft der Iraner, welche auch in Biarritz zur Kenntnis genommen wurde. Alle Mitglieder der G7 seien zutiefst der Stabilität und dem Frieden in der Region verpflichtet und wollten keinesfalls etwas unternehmen, was diesem schaden könne, betonte beim Gipfeltreffen.
Der Preis der Iraner für den Frieden am Persischen Golf hat nun eine Hausnummer: 700.000 Fässer Öl pro Tag wolle der Iran ausführen und dafür bar bezahlt werden, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen iranischen Regierungsvertreter. Die Menge solle später auf 1,5 Millionen Fässer gesteigert werden. Im Gegenzug sei der Iran bereit, zur Verringerung der Spannungen in Nahost beizutragen.
Das klingt nach Erpressung. Doch damit angefangen hatten die USA, als sie das Atomabkommen kündigten und die Europäer unter Macron Androhung von Sanktionen zwangen, auf Handel mit dem Iran zu verzichten. Das im Atomabkommen verbriefte Recht zur Uran-Anreicherung stehe nicht zur Disposition, hieß es in Teheran. Gleiches gelte für das Programm ballistischer Raketen.
Es handelt sich dabei um iranische Maximalforderungen, die nach unten korrigiert werden müssen. Sarif und Staatspräsident Hassan Rohani werden sich gegen die Hardliner im eigenen Land nur behaupten können, wenn „etwas Zählbares“herauskommt. Mit anderen Worten: Der Iran muss in Zukunft deutlich mehr als 100.000 Fässer Öl am Tag exportieren. Nur dann bleibt es in der Region ruhig.
Die Manöver der Franzosen und Iraner dürften bei Trump auf wenig Begeisterung stoßen. Europäische Öleinkäufe zu bewilligen, das würde ihm als Schwäche ausgelegt werden. Sollte Trump hart bleiben und dem Drängen der Hardliner im Weißen Haus nachgeben, würde es früher oder später zu einem Krieg mit dem Iran kommen. Das hatte Trump vor einigen Wochen selbst gesagt. Und ein Krieg am Golf, dessen Folgen nicht absehbar wären, könnte seine Wiederwahl im nächsten Jahr gefährden.