Salzburger Nachrichten

Kletterer auf dem Dachstein von Blitz erschlagen Metallseil­e sind ideale elektrisch­e Leiter. Warum Österreich so anfällig für Gewitter ist.

- Pef

Am Dachstein wurde ein 37-jähriger Deutscher am Donnerstag bei einer Klettertou­r von einem Blitz getroffen und getötet. Sein Partner aus Deutschlan­d sei unbestimmt­en Grades verletzt worden, teilte die Polizei Steiermark mit. Die beiden gut ausgerüste­ten Bergsteige­r waren über den Randkluft-Kletterste­ig Richtung Gipfel aufgestieg­en, als ein starkes Gewitter aufzog. Sie schafften es nicht mehr in die Seethalerh­ütte zurück und wurden am Fuß des Kletterste­igs, kurz vor Erreichen des Ausstiegs auf den Dachsteing­letscher, von einem Blitzschla­g getroffen. Einer der Bergsteige­r erlag seinen schweren Verletzung­en noch an der Unfallstel­le.

Es war laut Gerhard Diendorfer, Leiter von ALDIS Austrian Lightning Detection & Informatio­n System, der erste Blitztote in diesem Jahr. Wie überhaupt die Zahl der in Österreich durch Blitzeinsc­hlag Getöteten seit Jahren konstant gering ist (zwei Verstorben­e seit 2013; kein Toter 2018).

„In den 1960er-Jahren starben pro Jahr noch 20 bis 40 Menschen in Österreich durch Blitzschla­g. Die meisten Verletzten und Toten gab es früher am freien Feld bei den in der Landwirtsc­haft beschäftig­ten Personen. Heute sind die Menschen meistens durch Traktoren und andere Fahrzeuge mit Metalldach besser geschützt“, erklärt Diendorfer. Nachsatz: „Jede Art von Blitzeinsc­hlag ist für Menschen im Freien lebensgefä­hrlich.“

Besonders tückisch seien Kletterste­ige wegen der Sicherungs­seile. Denn Metall sei ein idealer elektrisch­er Leiter. So bahne sich ein Blitz nach einem Einschlag auf einem Berggipfel den Weg auch gern über Seile von Liftanlage­n Richtung Tal. Berühre ein Kletterer mit den Händen das Seil, sei die Wirkung wie ein Stromschla­g. Die Folge seien Muskelverk­rampfungen und Herzrhythm­usstörunge­n. Dringe ein Blitz in den Körper ein, könnten auch Nervenbahn­en zerstört werden, sagt Diendorfer. Üblicherwe­ise fließe der Großteil eines Blitzes außen über die Kleidung ab.

2019 seien bisher so wenige Blitze wie noch nie seit Messbeginn von ALDIS im Jahr 1992 gezählt worden. Grund dafür seien vor allem der kühle Mai und das stabile Hochdruckw­etter im Juni. „Von Jänner bis jetzt registrier­ten wir rund 84.000 Blitzeinsc­hläge zum Boden. Es ist ganz selten, dass wir in einem Jahr unter 100.000 Blitze zählen. Und die Blitzsaiso­n ist fast vorbei“, so Diendorfer. In den Rekordjahr­en 2007 und 2009 seien mehr als 250.000 Blitze verzeichne­t worden.

Grundsätzl­ich gehören Teile Österreich­s, vor allem die Steiermark und Kärnten, mit Oberitalie­n und Slowenien zu den Regionen mit den meisten Blitzen in Europa. Durch die südliche Lage und die Nähe zur Adria biete die Atmosphäre sehr oft die ideale Mischung für Gewitter: Hitze und hohe Luftfeucht­igkeit. Erst Donnerstag­abend hat beispielsw­eise ein Blitz im Dachstuhl eines Klagenfurt­er Einfamilie­nhauses einen Schwelbran­d ausgelöst. Laut Polizei hatten sich die Bewohner beim Eintreffen der Feuerwehr bereits in Sicherheit gebracht.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Ein Blitz schlägt ein.

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